Debüt mit jungem Star: Venedigbeitrag „Sivas“
Venedig (dpa) - Der Hauptdarsteller ist so klein, dass er bei der Pressekonferenz noch ein dickes Kissen auf seinem Stuhl braucht. Und doch könnte man den erst elfjährigen Doğan İzci beim Filmfest Venedig schon zu den Anwärtern auf einen Darstellerpreis zählen.
Denn mit seiner Präsenz in dem Wettbewerbsbeitrag „Sivas“ stellt er selbst so manch erfahrenen Schauspieler in den Schatten. Auch sein Regisseur Kaan Müjdeci, neben Fatih Akin der einzige in Deutschland lebende Filmemacher im diesjährigen Wettbewerb, überrascht gleich beim ersten Mal: „Sivas“ ist der bemerkenswerte Debütfilm des gebürtigen Türken.
Der 33-jährige Müjdeci taucht ein in das ärmliche Leben eines türkischen Dorfes. Im Mittelpunkt steht der Junge Aslan, der den verletzten Kampfhund Sivas aufnimmt und ihn aufpäppelt. Als das Tier dann Kämpfe gewinnt, steigt Aslans Ansehen nicht nur bei seinen Mitschülern. Auch die Männer des Dorfes wollen plötzlich teilhaben an dem Ruhm von Aslan und Sivas und dem damit einhergehenden Respekt.
„Ich möchte mit dem Film eigentlich über die Männerwelt erzählen, und der Hund ist dafür ein Symbol“, sagte der Regisseur im Interview der Nachrichtenagentur dpa. Er sehe Parallelen im Verhalten der Männer weltweit. „Natürlich gibt es Unterschiede, aber ich meine vor allem das Auftreten. Zum Beispiel, wie sie ihre Körper trainieren und ihre Körper als Zeichen von Kraft und Macht präsentieren.“
Dafür findet er einprägsame Bilder. Wenn im Kampf zum Beispiel die muskulösen Körper der Hunde aufeinanderprallen, ist die rohe Gewalt zu spüren. Oder wenn Aslan mit seinem Hund im Dorf auftaucht und das Tier fast so groß ist wie das Kind selbst, strahlt der Junge doch eine ungeheure Präsenz aus. Die Szenen, in denen er sich inmitten seiner Gleichaltrigen so etwas wie eine Führungsrolle erarbeitet, gehören zu den intensivsten des Films.
Müjdeci ist dabei vor allem mit seinem Hauptdarsteller ein Glücksgriff gelungen: Der junge İzci trägt diesen Film scheinbar ohne Mühe. Sein Spiel wirkt natürlich und doch prägnant. Kess und ein bisschen vorlaut fordert er dann schließlich auch in der Männerwelt der Hundekämpfe seinen Platz ein.
Müjdeci, der mit seinem Bruder in Berlin auch eine Bar und einen Modeshop betreibt, spitzt die Geschichte dabei zwar nicht auf einen Konflikt zu, sondern bleibt eher in der Rolle des Beobachters. Und doch gelingt es ihm gleichzeitig, mit seiner Handkamera Nähe zu seinen Figuren zu schaffen. „Müjdeci“ bedeutet übersetzt übrigens so viel wie „Überbringer einer guten Nachricht“ - möglicherweise gibt es bei der Preisverleihung am Samstagabend ja auch eine gute Nachricht für den jungen Filmemacher.