"Die Tribute von Panem": Katniss ist zurück in der Arena

In der zweiten Runde der „Tribute von Panem“ liegt Revolution in der Luft.

Düsseldorf. Aus der Welle der Franchise-Unternehmen, die Jugendbuch-Bestseller auf der Kinoleinwand ihrer lukrativen Zweitverwertung zuführen, ragt die Verfilmung von Suzanne Collins’ „Die Tribute von Panem“ deutlich heraus. Hier geht es nicht um Zaubertricks, Zeitreiseprobleme oder die Qual der Wahl zwischen Vampir und Werwolf.

Vielmehr entwerfen die Autorin und der Regisseur Francis Lawrence ein realistisches Zukunftsszenario, das die gesellschaftlichen Tendenzen unserer Gegenwart von der zunehmenden Kluft zwischen Arm und Reich bis hin zum Zynismus der Mediengesellschaft auf kulturpessimistische Weise weiterdenkt. Möglicherweise mit ein Grund, warum der erste Teil weltweit fast 700 Millionen Euro eingespielt hat.

Die „Hungerspiele“, bei denen sich 24 Jugendliche als Tribute zur Belustigung des Fernsehpublikums einen Kampf auf Leben und Tod liefern, sind in ihrer voyeuristischen Dekadenz eine Weiterentwicklung von Reality-Inszenierungen wie „Dschungelcamp“ und Casting-Shows wie „Germany’s Next Top Model“.

In dieses interessant verfremdete Setting stellt „Die Tribute von Panem — Catching Fire“ eine starke, jugendliche Heldin. Jennifer Lawrence spielt diese kraftvolle Identifikationsfigur Katniss Everdeen, die mit ihrem Weggefährten Peeta (Josh Hutcherson) als Siegerin der Hungerspiele im ersten Teil zu Stars im Capitol, aber auch zur Symbolfigur des Widerstandes in den zwölf Distrikten aufgestiegen ist.

Im ganzen Land wächst der Widerstand gegen das diktatorische Regime. Zum 75. Jubiläum der Hungerspiele schickt Präsident Snow (Donald Sutherland) Katniss deshalb erneut in die Arena, um an der rebellischen Vorbildfigur ein tödliches Exempel zu statuieren.

War der erste Teil damit beschäftigt, das totalitäre Panem-Regime zu erklären, konzentriert sich der zweite Teil auf die innere Reifung der jungen Heldin von der Einzelkämpferin zu einer Rebellin, die sich von dem System, in dem sie lebt, lossagt.

Zwischen den zahlreichen Actioneinlagen entwickelt sich die beeindruckende Charakterstudie einer traumatisierten Heldin. Die 23-jährige Jennifer Lawrence erweist sich hier noch deutlicher als Idealbesetzung, weil sie Fragilität und Kämpfernatur in allen Bedrohungsszenarien glaubwürdig ausbalanciert.

In der Arena muss sie Allianzen mit anderen eingehen, ihr tiefes Misstrauen überwinden und sich zu einer teamfähigen Persönlichkeit entwickeln, die am Ende ihren Pfeil nicht gegen andere, sondern in den künstlichen Himmel richtet und das System zum Absturz bringt.

Innerhalb der Romantrilogie ist „Catching Fire“ als Zwischenglied angelegt. Regisseur Lawrence hat die heikle Aufgabe, über 146 Filmminuten die Spannung zu halten und den bekannten Charakteren neue Facetten abzuringen, souverän gemeistert, ohne sich dem Größer-Schneller-Lauter-Zwang zu ergeben, an dem die meisten Sequels kranken.

Wertung: Vier von fünf Punkten