Festival von Locarno: Glanz, Frauenpower und Sozialkritik
Locarno (dpa) - Hollywood-Glamour am Lago Maggiore - das 68. Internationale Filmfestival Locarno lockte am Wochenende mit Stars. Der kubanisch-amerikanische Schauspieler Andy Garcia (59) wurde für seinen Beitrag zur Filmgeschichte geehrt.
Für seine Rollen in „Der Pate III“ sowie in „Ocean’s Eleven“ erhielt Garcia einen „Leopard Club Award“. Und die US-amerikanische TV-Comedienne Amy Schumer (34) stellte mit „Trainwreck“ außerhalb des Wettbewerbs ihren ersten großen Kino-Spielfilm vor.
„Trainwreck“, der am Donnerstag (13. 8.) unter dem Titel „Dating Queen“ in Deutschland in die Kinos kommt, zeigt Amy Schumer zunächst als Frau mit Heißhunger auf Sex, Alkohol und Drogen. Die Komödie, deren Drehbuch Parallelen zu Schumers Biografie aufweist, führt den lockeren Vogel aber direkt in den Käfig braver Bürgerlichkeit. Was in Locarno überrascht hat. Denn in den USA gilt Schumer dank vieler sexuell aufgeladener Sprüche und Aktionen im TV als Rebellin und Feministin. Am Ufer des Lago Maggiore erschien sie eher zahm.
Auf einer Pressekonferenz bekannte sich Amy Schumer allerdings deutlich zum Feminismus. Energisch sagte sie: „Ich bin stolz darauf, Feministin zu sein. Ich nehme das als Chance für mich und andere.“ Darauf angesprochen, dass sie in den USA wegen ihrer freizügigen Kleidung und noch freizügigerer Sprüche zum Thema Sex gar als „Ikone des Feminismus“ gilt, antwortete sie: „Feministin ja, Ikone, ich weiß nicht. Wer sich selbst als Ikone bezeichnet, hat wohl ein mentales Problem.“
Im Hauptwettbewerb um den Goldenen Leoparden bekam die mexikanisch-deutsche Ko-Produktion „Ich verspreche Anarchie“ besonders viel Aufmerksamkeit. Sie stammt von dem in den USA als Sohn eines mexikanischen Vaters und einer guatemaltekischen Mutter geborenen Regisseur Julio Hernández Cordón. Der Film beginnt als Lovestory zweier junger Männer und endet als Drama um Menschenhandel in Mexiko. Scharfe Kritik an einer Gesellschaft, die Verbrechern alle nur denkbaren Freiräume lässt, sorgt für eine nachhaltige Wirkung des Films.
Pro und Kontra löste „Der Nachtmahr“ aus Deutschland, das Spielfilm-Debüt des unter dem Künstlernamen AKIZ arbeitenden Regisseurs Achim Bornhak, aus. Der Film um das Leiden einer 17-jährigen an der Pubertät bekam viel Zustimmung dafür, dass er dem Horror-Genre neue Impulse verleihen möchte. Aber es gab auch ablehnende Stimmen: Die erzählte Geschichte und die Inszenierung muteten oft holprig an. Der Film läuft im Nebenwettbewerb „Cineasti del presente“. Seine Chance auf einen Preis gilt als eher gering.
In diesem Nebenwettbewerb gilt derzeit „Dream Land“, eine Ko-Produktion USA-Kambodscha, von Regisseur Steve Chen als Favorit. Im Zentrum steht eine junge Frau. Sie arbeitet mit Erfolg als Immobilienhändlerin. In der Liebe hat sie weniger Glück. Geschickt erzählt, wird ihre Geschichte zum konturenreichen Bild Kambodschas, eines Landes auf der Suche nach der eigenen Identität. Ein Film, der Unterhaltung und Anspruch bestens verbindet.
Das gilt auch für die iranisch-deutsche Ko-Produktion „Paradise“ von Regisseur Sina Ataeian Dena. Der mit vielsagenden Alltagsbildern aus Teheran beeindruckende Spielfilm um eine junge Lehrerin gilt bisher als Favorit für den Goldenen Leoparden von Locarno. Mit besonderer Spannung erwartet wird die schweizerisch-deutsche Ko-Produktion „Heimatland“. Dem Film von zehn jungen Regisseuren eilt der Ruf voraus, eine spektakuläre Endzeitvision des Alpenlandes zu entwerfen. Die Jury gibt ihre Entscheidungen am Samstag (15. 8.) bekannt.