„Ida“ triumphiert beim Europäischen Filmpreis
Riga (dpa) - Für Pawel Pawlikowski war es eine „fantastische Nacht“. Mit seinem bewegenden Schwarz-Weiß-Drama „Ida“ holte der polnische Regisseur beim 27. Europäischen Filmpreis fünf Trophäen, darunter den Preis für den besten Spielfilm.
Doch auch der Deutsche Marc Bauder konnte nach der Verleihung in der lettischen Hauptstadt Riga die Sektkorken knallen lassen. Er wurde für seine Banker-Doku „Master of the Universe“ in der Kategorie bester Dokumentarfilm ausgezeichnet.
Für Pawlikowski regnete es am Samstagabend in der Lettischen Nationaloper Preise: für Regie, Kamera, Drehbuch und Ausstattung. Obendrein gab es noch den Publikumspreis, der ihn am meisten überraschte. „Es ist kein offensichtlicher Film für die Massen“, meinte der 57-jährige Filmemacher. In der Tat lockte das formstrenge Kleinod in Deutschland seit April erst knapp 20 000 Zuschauer in die Kinos.
Den Regiepreis nahm Pawlikowski aus den Händen der norwegischen Schauspielerin Liv Ullmann entgegen, die „Ida“ als „schwierige Reise in die europäische Geschichte“ bezeichnete. Der Film spielt im Polen der 60er Jahre und erzählt von einer im Waisenhaus aufgewachsenen Novizin und ihrer schwierigen Identitätssuche. Bevor sie ihr Gelübde ablegen kann, erfährt die junge Frau, dass sie eigentlich Jüdin ist und ihre Eltern dem Holocaust zum Opfer fielen.
Mit „Ida“ bewirbt sich Polen nun auch um den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Beim „europäischen Oscar“ setzte sich der 80-minütige Gewinnerfilm unter anderem gegen Lars von Trier Sex-Drama „Nymphomaniac“ durch, das komplett leer ausging.
Die Deutschen hatten den Hauptpreis zuletzt vor acht Jahren mit Florian Henckel von Donnersmarcks Stasi-Drama „Das Leben der Anderen“ geholt. Dieses Mal gab es den Preis für die beste Dokumentation. Er sei „jemand, der verstehen will, was mit unserer Gesellschaft passiert“, begründete Bauder seine Motivation für den Film über die Machenschaften der Finanzwelt.
Deshalb müsse man sich mit den „treibenden Motoren der gesellschaftlichen Veränderungen“ wie etwa Bankern oder Politikern beschäftigen, den Menschen und der Psychologie. „Man muss das Ganze demystifizieren, um wirkliche Veränderungen herbeizuführen“, betonte Bauder. Auch die Deutschen Natascha Curtius-Noss und Claus-Rudolf Amler bekamen Preise - für das Kostüm- und Szenenbild des Alpendramas „Das finstere Tal“.
Die Auszeichnung als bester Schauspieler gewann der Brite Timothy Spall („Mr. Turner - Meister des Lichts“). Als beste Schauspielerin wurde in Abwesenheit die Französin Marion Cotillard („Zwei Tage, eine Nacht“) geehrt.
Emotional wurde es, als Agnès Varda (86) für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde. Die französische Filmemacherin nahm die Ehrung sehr gerührt und etwas verlegen entgegen. Doch die Regisseurin und Autorin - „Großmutter der Nouvelle Vague“ - äußerte auch Kritik: Zu wenig Frauen seien unter den Nominierten für den Filmpreis gewesen.
Der britische Filmemacher Steve McQueen („12 Years a Slave“) wurde für seinen „einzigartigen Beitrag zum internationalen Kino“ geehrt. „Kino verändert Leben, meines hat es auf jeden Fall verändert“, sagte McQueen.
Durch den Abend führte bestens gelaunt und charmant der deutsche Comedian Thomas Hermanns. Der Gründer des „Quatsch Comedy Clubs“ hielt sein vor der Verleihung gegebenes Versprechen der „Mischung von Content und Glamour in perfekter Kombination“. Er bot den mehr als 1000 Gästen „Rundum-Service“ inklusive Wodka, schlug in seiner ersten englischen Moderation aber auch ernste Töne an und kritisierte die Unterdrückung von Homosexuellen in Lettlands Nachbarland Russland.