Im Kino der Lumière-Brüder
In Frankreich hat das älteste Kino der Welt — das Eden-Théâtre bei Marseille — wieder seine Türen geöffnet.
Marseille. Der Teppich wurde durch Eichenparkett ersetzt und an der Decke hängen erneut die roten Kronleuchter von einst. Im Eden-Théâtre kann man sich wieder gemütlich in einen der 166 bordeauxfarbenen Stühle zurücklehnen und seine Filmhelden bewundern.
In La Ciotat, nur rund 30 Kilometer von Marseille entfernt, hat das älteste Kino der Welt nach langer Schließung wieder seine Türen geöffnet. In dem ursprünglichen Theaterhaus im italienischen Stil zeigten ab 1895 die Kino-Erfinder Auguste und Louis Lumière ihre ersten Filme.
Sechs Millionen Euro waren notwendig, um das Kino vor dem Zerfall zu retten. Die 33 000-Einwohner-Stadt steuerte 2,8 Millionen Euro bei, der Staat, lokale Körperschaften und die staatliche französische Filmförderungsbehörde den Rest. Die Wiedereröffnung ist Teil des Kulturhauptstadtprogramms Marseille 2013 — so wie die Eröffnung des neuen Konservatoriums für Musik, Tanz und Theater in Aix-en-Provence.
Sein Überleben jedoch hat das Lichtspielhaus einer Handvoll Bewohner der Hafenstadt zu verdanken, die seit Jahren für den Erhalt des Kinos kämpft. Denn in La Ciotat verbindet man mit dem Eden mehr als spannende Stunden vor der Leinwand. In dem großen Saal wurden nicht nur Filme gezeigt, sondern auch Hochzeiten gefeiert.
Viele Ciotadens hätten in dem Kino ihre „bessere Hälfte“ kennengelernt, erzählte der Präsident der Vereinigung „Les Lumières de l’Eden“, Michel Cornille. Die Gruppe entstand 2002. Dabei spielte Gilles Trarieux-Lumière eine wichtige Rolle. Der 56-Jährige ist der Urenkel von Kino-Pionier Louis Lumière. Der Allgemeinmediziner lebt in La Ciotat, wo Auguste und Louis in dem schlossähnlichen Ferienhaus der Familie mit 36 Zimmern regelmäßig ihren Urlaub verbrachten. Im Sommer 1895 fand im Salon des Anwesens erstmals eine Privatvorführung ihrer Filme statt — vor 150 Gästen.
Nur wenige Monate später, am 14. Oktober 1895, sollte der Film „Der begossene Gärtner“ im Eden gezeigt werden. Die erste Vorstellung fiel wegen technischer Probleme sprichwörtlich ins Wasser. Ihr folgten mit mehr Erfolg viele weitere wie „Babys Frühstück“ und „Die Ankunft eines Zuges auf dem Bahnhof in La Ciotat“. In Erinnerung an diesen unter Kinohistorikern berühmten Film wird auf die renovierte Eden-Fassade abends das Bild einer Lokomotive projiziert.
Die erste Lumière-Vorführung vor Publikum fand zwar am 28. Dezember 1895 in Paris statt, doch dieser Veranstaltungsraum wurde schon um 1900 zerstört. Damit gilt das Eden als ältestes erhaltenes Kino der Welt.
Das Gebäude wurde bereits am 16. Juni 1889 eingeweiht, als Theater und Musikhalle. Eine Funktion, die es auch später beibehielt. Auf der Bühne des ganz in Rot gehaltenen Saals traten Stars des Chansons wie Edith Piaf und Charles Aznavour auf. Finanzielle Schwierigkeiten führten 1983 zur Schließung. Nur noch für ein jährlich stattfindendes einwöchiges Festival wurde es geöffnet. Im Jahr 1995 jedoch hatte das Kino aus Sicherheitsgründen endgültig seine Tätigkeit einstellen müssen.