Interview: Hollywoods neuer Schurke

In der Comicfilmsatire „The Green Hornet“ mimt Christoph Waltz den Bösewicht — ihn kümmert das nicht.

Herr Waltz, in „The Green Hornet“ werden die Superhelden-Filme gründlich aufs Korn genommen. Wie ist Ihr Verhältnis zu Comic-Verfilmungen?

Waltz: „Iron Man“ habe ich gesehen, und den fand ich grandios. Robert Downey Jr. ist darin einfach hinreißend — so vielschichtig. Aber es gibt in dem Genre auch Werke, die stinklangweilig sind. Ich bin einfach kein Comic-Mensch. Ich bin nicht mit dieser Kultur aufgewachsen und kann damit nicht viel anfangen.

Ich habe anfangs überlegt, ob ich mich in Vorbereitung auf den Film mehr mit dieser Kultur vertraut machen muss. Aber das wäre in der Kürze der Zeit gar nicht machbar gewesen und ist die Aufgabe des Regisseurs.

In Ihrem ersten Hollywoodfilm nach dem Oscar spielen Sie nun erneut einen Bösewicht. Warum landen Sie eigentlich immer im Schurkenfach?

Waltz: Das kommt daher, dass ich die Guten nie zu spielen bekomme. Aber ich kümmere mich nicht um die Beurteilung meiner Figuren. Es passiert oft, dass Schauspieler ihre Figuren beurteilen und dem vor der Kamera Ausdruck verleihen. Das ist falsch. Ich muss als Schauspieler alles tun, um dem Publikum verschiedene Sichtweisen auf die Figur zu eröffnen.

Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrem ersten Hollywood-Jahr gemacht?

Waltz: In den 30er und 40er Jahren hat Hollywood noch wirklich existiert. Da gab es eine Handvoll Studios. Man kannte sich und teilte sich das Geschäft gut auf. Für mich gibt es nach einem Jahr aus der US-Filmbrache nicht viel Folgerichtiges zu berichten. Alle werkeln vor sich hin, schauen, wie sich die Dinge entwickeln, und arbeiten hart. Denn sie wissen, dass Bewegung irgendwann Ergebnisse bringt.

Was hat sich für Sie durch den Oscar verändert?

Waltz: Helen Mirren hat das wunderbar formuliert: Wenn man für den Oscar nominiert ist und ihn nicht gewinnt, endet die Sache am Sonntagabend. Wenn man den Oscar gewinnt, endet die Sache am Montagmorgen. Genauso ist es, und das ist auch gut so. Ich kann mich doch nicht die nächsten zehn Jahre darauf ausruhen, dass ich im letzten Jahr den Oscar gewonnen habe.

Aber die Rollenangebote werden sich durch die Auszeichnung wohl schon verändert haben.

Waltz: Ja, diesbezüglich verändert sich durch einen Oscar alles grundlegend. Ich kann im Moment in der deutschen oder amerikanischen Filmbranche jeden treffen. Wie lange das anhält, werden wir sehen.

Das heißt, wenn Sie einen Termin bei Steven Spielberg haben wollen, ist das heute für Sie kein Problem?

Waltz: Genauso ist es passiert.

Und welcher Regisseur steht ganz oben auf Ihrer Liste?

Waltz: Polanski. Immer schon. Mit ihm werde ich im nächsten Jahr „God of Carnage“ drehen.

Ist Schauspielen für Sie ein Traumberuf?

Waltz: Schauspielen ist in erster Linie ein Handwerk. Am Anfang denkt man vielleicht, dass das ein Traumberuf ist, bei dem man Erfolg hat und dann ein gemachter Mann ist. Aber so funktioniert das nicht. Der Erfolg kommt schnell, aber dann kommt die mühsame Zeit zwischen Anfang und Ende.

Wie hätte Ihre Zukunft ohne den Oscar ausgesehen?

Waltz: Vor „Inglourious Basterds“ war ich total frustriert. Wie in jedem Beruf fängt man auch als Schauspieler mit Verve an, und dann wird ein Beruf daraus, mit dem man sein Leben bestreitet.

Das muss man mit Würde tun, und das wird immer schwieriger, je mehr man die Strukturen in der Branche durchschaut. In einem Beruf dieser Art sind dreißig Jahre Erfahrung nichts. Um etwas gescheit zu machen, muss man immer wieder viel Zeit und Substanz investieren.