Interview mit Hauptdarsteller Benicio del Toro: „Che war ein cooler Typ“

Schauspieler Benicio del Toro spricht über Vorbilder, seine Annäherung an den Revolutionär und über Superstars.

Düsseldorf. Schon während seiner Schulzeit in Puerto Rico galt Benicio del Toro als eigensinniger Rebell, der einem konventionellen Leben nicht viel abgewinnen konnte. Nach Welterfolgen wie "21 Gramm", "Traffic" oder "Fear in Loathing in Las Vegas" gilt der 42-jährige Oscarpreisträger auch in Hollywood als lässiger Eigenbrötler, der weit über den oberflächlichen Gepflogenheiten der Branche zu schweben scheint. Nun spielt del Toro mit Che Guevara einen Seelenverwandten. Ein Gespräch mit dem Weltstar über revolutionäres Gedankengut, Coolness und Che als Frauenheld.

Benicio Del Toro: Druck besteht immer, gerade bei einer Rolle wie dieser. Schon zwei Jahre vor Drehbeginn sprachen mich so viele Leute darauf an, dass ich irgendwann die Last begriff, die das immense Interesse an seiner Person mit sich bringt. Irgendwann kam die Panik: Wenn man sich eine Baskenmütze aufsetzt und versucht, Ches Aussehen zu imitieren, wird man ja zuerst einmal als Faschingsclown abgestempelt.

Del Toro: Indem man sich so gut vorbereitet, wie es nur irgendwie geht - und dann ins kalte Wasser springt. Ich habe seine Aufzeichnungen gelesen, mir Film- und Tonaufnahmen angehört und mich mit Zeitzeugen unterhalten, die ihn sein ganzes Leben lang begleitet haben. Irgendwann nimmt man diesen Wust an Informationen als Basis und begreift dadurch die Essenz seiner Persönlichkeit, die vor allem durch ein enormes Gerechtigkeitsempfinden geprägt wurde.

Del Toro: Seinen Optimismus. Die Kraft und Energie, mit der er seine Vision vorangetrieben hat.

Del Toro: Er wollte seine Ziele vielleicht einen Tick zu schnell in die Tat umsetzen. Er hätte sich mehr Zeit nehmen sollen. Aber wer bin ich, um über diesen Mann urteilen zu dürfen?

Del Toro: Ja, sogar viele. Wir teilen das Interesse für Literatur und den Wunsch, anderen Menschen zu helfen. Wir teilen die Moralvorstellung, immer der Wahrheit zu folgen. Außerdem haben wir eine ähnlich stark ausgeprägte Zuneigung gegenüber den Außenseitern unserer Gesellschaft. Er war sicher besser darin, seine Ideale in die Tat umzusetzen, aber ich bemühe mich.

Del Toro: Dazu hatte ich gar keine Chance. In bin in Puerto Rico aufgewachsen, wo man die kubanische Revolution im Unterricht totschwieg. Zum ersten Mal von ihm gehört habe ich erst sehr viel später, und zwar durch den Rolling Stone-Song "Little Indian Girl", in dem die Band singt: "My father ain’t no Che Guevara".

Del Toro: Das kam erst etwas später. Als ich 1990 in Mexiko den Bond-Bösewicht in "Lizenz zum Töten" spielte, entdeckte ich in einer Buchhandlung ein Foto von ihm. Er grinste darauf, rauchte eine Zigarre und wirkte einfach lässig. Ich dachte mir nur: Was für ein cooler Typ! Seitdem bin ich von seiner Person fasziniert und habe so ziemlich alles gelesen, was er jemals zu Papier gebracht hat.

Del Toro: (lacht) Ich bin mir nicht so sicher, ob Che wirklich der ultimative Don Juan war - auch wenn er vielleicht optisch das Zeug dazu gehabt hätte.

Del Toro: Mohammed Ali. Später kamen dann noch Pablo Picasso und Andy Warhol dazu.

Del Toro: Die Aussicht war natürlich immer verlockend. Es fing ja schon in der Schauspielschule an, wo immer überdurchschnittlich viele hübsche Frauen um mich herum waren. Aber die Frauen waren natürlich nicht der einzige Grund, da gab es schon noch sehr viel mehr, was mit hineingespielt hat. (lacht)

Del Toro: Die Gagen, die wir als Schauspieler kassieren. Sie haben so astronomisch hohe Ausmaße angenommen, dass sie in keinerlei Verhältnis mehr zu dem stehen, was man eigentlich bekommen sollte. Ich wäre zumindest dafür, dass man erst dann eine Gewinnbeteiligung bekommt, wenn der Film auch an den Kinokassen einschlägt. Dann würde sich so mancher auch wieder mehr anstrengen.

Del Toro: Ich lehne hochbezahlte Angebote ja auch nicht ab. Ich bin ja nicht verrückt! Aber ich bin der Erste, der sich offen dafür aussprechen würde, dass man unsere Arbeit mal dahingehend analysiert, was Ärzte, Lehrer und die Feuerwehr verdienen.