Nur eine Regisseurin im Wettbewerb von Cannes
Cannes (dpa) - Frauen haben es schwer beim Internationalen Filmfestival in Cannes. In eleganten Abendkleidern auf dem roten Teppich sind sie zwar gern gesehen.
Doch trotz heftiger Kritik im vergangenen Jahr hat es diesmal nur eine einzige Regisseurin in den Wettbewerb der größten und glamourösesten Filmfestspiele der Welt geschafft: Valeria Bruni Tedeschi, die ältere Schwester von Carla Bruni-Sarkozy. Ansonsten dominieren auch in diesem Jahr wieder die Männer das Rennen um die Goldene Palme. Dabei versammelt das Festival, das am Mittwochabend mit Leonardo DiCaprio als „Der große Gatsby“ eröffnet wird, zahlreiche prominente Namen an der Côte d'Azur: Der Iraner Asghar Farhadi ist ebenso darunter wie Roman Polanski, François Ozon, Steven Soderbergh und die Brüder Ethan und Joel Coen.
Allein der Blick auf die Gästeliste lässt sicherlich viele andere Festivals wie die Berlinale vor Neid erblassen: In der Jury sitzen bis zur Preisvergabe am 26. Mai Stars wie die Oscar-Preisträger Christoph Waltz und Nicole Kidman - ihr Präsident ist kein geringerer als Steven Spielberg, der Regisseur von Erfolgswerken wie „Indiana Jones“, „E.T.“ und „Schindlers Liste“. Und für die Wettbewerbsbeiträge sind Justin Timberlake, Joaquin Phoenix, Jeremy Renner, Marion Cotillard, Charlotte Rampling, Matt Damon, Michael Douglas, Ryan Gosling und Kristin Scott Thomas angekündigt - um nur ein paar zu nennen.
Deutsche Namen wird man allerdings nur selten finden. Im Wettbewerb gibt es kein einziges Werk eines deutschen Regisseurs, nur Produktionen, die mit deutschem Geld ko-finanziert wurden. Darunter ist zum Beispiel „Michael Kohlhaas“ des Franzosen Arnaud des Pallières, in dem Bruno Ganz und David Kross Nebenrollen haben. In der Nebenreihe Un certain regard zeigt die Deutsche Katrin Gebbe ihr Debüt „Tore tanzt“, und die Sektion Semaine de la Critique spielt den deutschen Kurzbeitrag „Komm und Spiel“ von Daria Belova.
Deutlich präsenter sind dagegen die US-Amerikaner und die Franzosen, die zusammen mehr als die Hälfte der 20 Wettbewerbsbeiträge stellen. Viele von ihnen sind zudem bekannte Autorenfilmer-Veteranen, die in Cannes und anderen Festivals schon alte Bekannte sind. Zu diesen Höhepunkten zählt beispielsweise „Inside Llewyn Davis“ der Coen-Brüder, die Justin Timberlake und Carey Mulligan durch die Folkmusikszene der 1960er Jahre schicken.
François Ozon („8 Frauen“) stellt mit „Young & Beautiful“ erneut ein junges Mädchen in den Mittelpunkt, während Oscar-Preisträger Alexander Payne nach „The Descendants“ sein Familiendrama „Nebraska“ an die Croisette bringt. Und Steven Soderbergh vereint in seiner vorerst letzten Regiearbeit „Behind the Candelabra“ Michael Douglas (68) und Matt Damon (42) als den schillernden US-Entertainer Liberace und dessen deutlich jüngeren Liebhaber vor der Kamera.
Mit Spannung werden aber auch die Filme von Asghar Farhadi und Roman Polanski erwartet - sie könnten allein wegen ihrer Regisseure für einigen Wirbel sorgen. Polanski wurde 2009 in der Schweiz verhaftet, als er zum Zurich Film Festival wollte. US-Behörden warfen ihm vor, in den 1970er Jahren eine Minderjährige missbraucht zu haben. Nach monatelangem Hausarrest wurde er freigelassen und hat nun sein Kommen nach Cannes angekündigt: Dort möchte er das auf einem Theaterstück basierende „Venus in Fur“ vorstellen. Auch der Iraner Farhadi drehte erstmals in Frankreich und legt „The Past“ mit „The Artist“-Star Bérénice Bejo vor. Der Inhalt erinnert an Farhadis Oscargewinner „Nader und Simin - eine Trennung“: Das Drama erzählt von einem Paar, das sich scheiden lassen möchte.
Ein Clou versteckt sich gar in einer Nebenreihe: „The Bling Ring“ von Sofia Coppola eröffnet die renommierte Sektion Un certain regard. In dem auf wahren Begebenheiten basierenden Drama spielt „Harry Potter“-Star Emma Watson eine von mehreren jungen Frauen, die in die Häuser von Prominenten einbrechen. Und auch Valeria Bruni Tedeschi protzt in ihrem Wettbewerbsbeitrag „Un château en Italie“ mit weiblicher Präsenz: Bei Drehbuch, Kamera, Schnitt und Produktionsdesign waren Frauen am Zug. Ganz in die Ecke drängen lassen sich die Frauen dann eben doch nicht.