950. „Tatort“ Preview: Intrigen beim Wiener Wendler-Clan

Der 950. „Tatort“ ist ein österreichischer. Im Krimi „Gier“ stimmt die Chemie nicht - im wahrsten Sinne des Wortes. Aus einem Fabrikunfall mit Flusssäure entwickelt sich ein hinterhältiger Fall.

Müssen einen Fabrikunfall klären: Bibi und Moritz.

Foto: ARD

Berlin/Wien (dpa) - Am Sonntag (20.15 Uhr) sendet die ARD ihren 950. „Tatort“ - und der kommt als ganz normaler Krimi ohne irgendwelchen Jubiläumsschnickschnack daher. Der Film aus Wien trägt den Titel „Gier“.

Worum geht es?

Thema ist der Aufstieg und moralische Verfall der Fabrikantenfamilie Wendler. Ausgangspunkt ist ein Unfall mit Flusssäure in einer Chemiefabrik, der eine schwangere Laborantin das Leben kostet. Bei ihr handelt es sich um das Patenkind des Vorgesetzten der Bundeskriminalamt-Ermittler Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser). Schnell wird klar, dass ein mangelhafter Schutzanzug schuld ist am Tod der jungen Frau. Die Schutzanzüge stammen von einem Unternehmen, das zum Wendler-Konzern gehört. Im Laufe der Handlung gibt es noch mehrere Morde.

Ist dieser Film relevant?

Gesellschaftspolitisches streift dieser Krimi lediglich. Es geht um Gier in einer globalisierten Welt. Steueroptimierte Firmenstrukturen und unfaire Produktionsbedingungen in ärmeren Ländern kommen kurz zur Sprache. Bibi Fellner sagt Sätze wie „Die Gier is a Hund“. Im Privaten wird der fiese Fall einer kaputten Ehe geschildert, in der die Frau dafür sorgt, dass der Mann wegen eines angeblichen Mordversuchs in eine geschlossene Psychiatrie muss. Es geht um Schuld und Sühne, verletzte Ehre und Rache.

Ist der Krimi realistisch?

Der Film bedient Klischees über geldgierige Kapitalisten. „Meine Roswitha hat sterben müssen, weil Leute wie ihr hier, die eh schon genug haben, nicht genug bekommen können“, sagt der Mann des Flusssäure-Opfers. Die Unternehmerin Wendler wehrt sich einmal gegen Vorwürfe der Polizisten: „Wenn Sie sich die Welt in Ihrem kleinen Beamtengehirn so vorstellen, also bitte...“

Wer hat's gemacht?


Regisseur war der Filmemacher Robert Dornhelm („Kronprinz Rudolf“). Der 67-Jährige hat einen eher konventionellen Krimi abgeliefert. Das Umfeld verkommener High-Society und auch die Ästhetik erinnern ein bisschen an altmodische Serien wie „Derrick“ oder frühe „Tatorte“ der 70er und 80er. Das Drehbuch stammt von Verena Kurth. Sie schrieb auch schon den Wiener „Tatort“ mit dem Titel „Zwischen den Fronten“ (2013), in dem es um einen Bombenanschlag auf eine UN-Konferenz ging.

Wer oder was ist besonders?

Die Schauspieler überzeugen fast alle: Maria Köstlinger mimt die skrupellose Unternehmerin Sabrina Wendler und Anian Zollner spielt den geheimnisvollen, in die Psychiatrie verwiesenen Ex-Konzernchef Peter Wendler. Johanna Mertinz mimt eine treue alte Sekretärin. Emily Cox tritt kurz als Chemieunfall-Opfer auf. Sie war erst kürzlich als Täterin im neuen Frankfurter „Tatort“ zu sehen.

Ist das alles sehenswert?

Österreichs „Tatorte“ mit dem grantigen Chefinspektor und der forschen Assistentin gehören zu den besten. Wir behaupten mal, in Wien versteht man irgendwie mehr von Film als in Stuttgart, Hamburg, Berlin oder Köln. Und so lohnt sich auch ein eher mäßiger Krimi vom ORF, weil er innerhalb der Reihe noch überdurchschnittlich gut ist.