Preview: Jugendliche Schläger und ein Kommissar im Abseits im Kölner Tatort

Der Kölner „Tatort“ trieft häufig vor Sozialkritik. Dieses Mal ganz besonders. Es geht um jugendliche Schläger und mangelnde Zivilcourage. Doch dank der tollen Darsteller bleibt es spannend bis zum Schluss.

Ein Mann wird brutal zusammengeschlagen. Hilft ihm jemand oder schauen alle weg? Szene aus dem Tatort "Ohnmacht" mit Kommissar Max Ballauf alias Klaus J. Behrendt (r).

Foto: ARD

Köln. Ein Mann wird in einer Kölner U-Bahn-Station brutal zusammengeschlagen. Kommissar Max Ballauf, der gerade auf dem Heimweg ist, mischt sich ein und wird selber angegriffen. Alle anderen, die auf dem Bahnsteig stehen, halten sich heraus und gucken weg. Der Kölner „Tatort“ mit dem Titel „Ohnmacht“, den die ARD am Sonntag (20.15 Uhr) zeigt, greift ein Thema auf, das nicht neu, aber immer wieder aktuell ist.

Jugendliche U-Bahn-Schläger, mangelnde Zivilcourage, resignierende Eltern, ein „lasches“ Jugendstrafrecht und Behörden, die erst handeln, wenn es zu spät ist - wie so oft spart der Kölner „Tatort“ auch in seiner mittlerweile 60. Folge nicht mit Sozialkritik, die überdies noch recht holzschnittartig daherkommt.

Das Prügelopfer stirbt nach der Attacke, doch die Verdächtigen behaupten, in Notwehr gehandelt zu haben. Ballauf (Klaus J. Behrendt), der helfen wollte, gerät selbst ins Abseits, weil es für seine Aussagen keine Beweise gibt. Zu allem Überfluss werfen die Eltern des Toten ihm auch noch vor, den Sohn nicht gerettet zu haben.

Da Ballauf derart persönlich in den Fall involviert ist, muss sein Kollege Freddy Schenk (Dietmar Bär) alleine ermitteln. Das bringt ihn in die Bredouille: Einerseits kann er Ballaufs Wut verstehen, andererseits muss er sich den Entscheidungen des Staatsanwalts und der Haftrichterin beugen. Diese Situation stellt das drittälteste „Tatort“-Ermittlerduo - seit 1997 gehen Ballauf und Schenk zusammen auf Gangsterjagd - auf eine Bewährungsprobe.

Den drei jungen Verdächtigen, alle aus augenscheinlich gutem Hause, gelingt es zunächst, sich cool aus der Affäre zu ziehen. Robert Alexander Baer spielt sehr überzeugend den bereits mehrfach vorbestraften Kai Göhden, der Ballauf dumm dastehen lässt.

Die spannendsten Charaktere jedoch sind die Eltern des Mädchens Janine Bertram (Nadine Kösters), genial gespielt von Corinna Kirchhoff und Felix von Manteuffel. Die Mutter versucht unablässig, ihr Kind auf merkwürdig verkrampfte Weise in Schutz zu nehmen. Der Vater hingegen hält seine Tochter für das personifizierte Böse und sieht sich schließlich zum Handeln gezwungen. Das Verhalten der Eltern entwickelt eine Dynamik, die die Zuschauer bis zum traurigen Höhepunkt am Schluss gefangen hält. Das macht diesen „Tatort“ fast zu einem Mystery-Thriller.