Rachedrama „The Revenant“ ist Gewinner der Golden Globes
Los Angeles (dpa) - Ein Glas Bier auf dem Rednerpult und dazu eine Salve frecher Sprüche und Beleidigungen: Golden-Globe-Moderator Ricky Gervais macht dem Ruf der Trophäenshow als feucht-fröhliche Preisparty gleich zu Beginn alle Ehre.
Viel lockerer als die Oscars, doch von den Stars wird die Gala als Probelauf für die Academy Awards dennoch ernst genommen.
Und Leonardo DiCaprio kann den Oscars nun viel gelassener entgegenschauen. Die sechste Oscar-Nominierung - an diesem Donnerstag werden die Anwartschaften verkündet - ist ihm so gut wie sicher. Und nach vielen geplatzten Hoffnungen ist jetzt auch der erste Oscar seiner Laufbahn Ende Februar greifbar nah.
Denn das brutale Überlebensdrama „The Revenant - Der Rückkehrer“, in dem er als Pelztierjäger in verschneiten Bergen von einem Bären halbtot gebissen wird, ist der große Gewinner der Globe-Gala. Es holte in der Nacht zum Montag den Top-Preis als bestes Drama, bescherte DiCaprio seinen dritten Globe und dem Mexikaner Alejandro González Iñárritu die erste Weltkugel als bester Regisseur.
Als DiCaprios Name fiel, erschallte lauter Applaus. So eine Erfahrung habe er nie zuvor in seinem Leben gehabt, sagte der Star über die extrem harten Dreharbeiten in der Wildnis. Er dankte seinem Co-Star Tom Hardy, „der mich im wirklichen Leben niemals lebendig begraben und in der Kälte sterben lassen würde“.
In „The Revenant - Der Rückkehrer“ hat er eine fast stumme Rolle, doch auf der Bühne hielt DiCaprio eine ergreifende Rede. Er wolle diesen Preis mit den Ureinwohnern Kanadas und allen indigenen Gruppen in der Welt teilen. Es sei an der Zeit, ihr Land vor der Ausbeutung zu schützen und diesen Planeten für die nächsten Generationen zu erhalten.
DiCaprio konnte den Globe-Gewinn mit seiner „Titanic“-Partnerin Kate Winslet gebührend feiern. Die Britin heimste ihre vierte Golden-Globe-Trophäe - als beste Nebendarstellerin in „Steve Jobs“ ein. „Ich bin total überrascht und überwältigt“, stammelte Winslet. Und dankte auch dem deutsch-irischen Schauspieler Michael Fassbender für dessen geniale Jobs-Darbietung. Auch Drehbuchautor Aaron Sorkin sahnte für „Steve Jobs“ einen Globe ab.
Überraschungen gab es viele: den dritten Globe für die gerade erst 25 Jahre alte Jennifer Lawrence für ihre Rolle in „Joy - Alles außer gewöhnlich“ als beste Komödiendarstellerin. Fast 40 Jahre musste dagegen Sylvester Stallone nach seiner ersten Nominierung für „Rocky“ (1977) auf eine Weltkugel warten. Die Ehrung gab es für seine Nebenrolle als alternder Box-Trainer in „Creed - Rocky’s Legacy“. Sichtlich gerührt dankte der Alt-Star seinem „imaginären Freund“ Rocky Balboa.
Auch Regie-Veteran Ridley Scott (78) konnte es kaum fassen. Sein Weltraumepos „Der Marsianer - Rettet Mark Watney“ holte doppelt Gold, als beste Komödie und für Matt Damon als bester Komödiendarsteller. „Komödie?“, wunderte sich der Brite auf der Bühne. Er sei dem Verband der Auslandspresse dennoch „sehr dankbar“. Es wurde auch Zeit. „Ich dachte, ich würde mal posthum gewinnen“, flachste Scott. Kein Witz: der Meister von Filmen wie „Alien“, „Blade Runner“ und „Gladiator“ hat immer noch keinen Regie-Globe gewonnen.
Enttäuschungen gab es auch, sogar reichlich. Kein einziger Globe für das Liebesdrama „Carol“ über eine lesbische Liebe in den 1950er Jahren, das mit fünf Nominierungen als Favorit angetreten war. Auch die Anwärter „Spotlight“, „The Danish Girl“ und „The Big Short“ gingen leer aus.
Ein Trostwort von Globe-Moderator Gervais: Die Preise seien eh völlig wertlos, witzelte der bissige Brite. „Es ist ein bisschen Metall, von ein paar netten, alten, verwirrten Journalisten verliehen, nur damit sie dich persönlich treffen und ein Selfie mit dir schießen können.“
Die Globes werden von einer kleinen Gruppe Auslandsjournalisten in Hollywood vergeben, weniger als 100, im Vergleich zu den 7000 Mitgliedern der renommierten Filmakademie, die über die Oscars abstimmen.
Zuverlässiges Barometer für die Oscars? Nicht immer. Im vorigen Jahr ging der Geschmack auseinander. „Boyhood“ holte die goldene Weltkugel als bestes Drama, „Grand Budapest Hotel“ gewann als beste Komödie. Bei den Oscars triumphierte dann jedoch „Birdman“ in der Topsparte „Bester Film“. 2013 und 2014 kürten die Globe-Juroren „Argo“ und „12 Years a Slave“ zum besten Filmdrama - beide gewannen dann auch jeweils den Oscar als bester Film. Es bleibt spannend.