"Tatort"-Kritik So war der "Tatort: Freies Land" aus München
Batic und Leitmayr mögen ja noch so sympathische Kommissare sein, ein schlechtes Drehbuch können auch sie nicht überspielen. Der Münchner Krimi krankt an einem alten Tatort-Phänomen.
Die alteingesessenen Tatorte haben eins gemein: Über die Jahre sind die Filme zu Selbstläufern geworden. Die Ermittler sind ungemein beliebte, sympathische, bisweilen lustige Charaktere, die fast schon zur Familie gehören. Wenn in Münster Thiele und Boerne ermitteln, werden - unabhängig von der filmischen Qualität - neue Zuschauerrekorde aufgestellt. Auch Charlotte Lindholm in Niedersachsen oder Ballauf und Schenk in Köln können sich über mangelndes Stammpublikum nicht beklagen.
Ähnlich verhält es sich in München. Batic und Leitmayr sind im aktuellen Münchner Tatort „Freies Land“ in ihrem 78. gemeinsamen Fall zu sehen. Seit 1991 sind sie in Bayern im Einsatz. Wer hier einschaltet, weiß was er bekommt. Die vertrauten Kommissare versprechen einen Abend mit guten Freunden. Man fühlt sich bei schlechten Witzen und alten Geschichten in guter altbekannter Gesellschaft.
Schwierig wird es, wenn man eben nicht zu den Fans der jeweiligen Ermittler gehört, sondern nur einen guten Krimi sehen möchte. Im Fall von „Freies Land“ wird der Zuschauer herbe enttäuscht. Die Autoren haben sich beim schreiben des Drehbuchs auf der Popularität der Kommissare ausgeruht. „Freies Land“ ist nämlich weniger ein Krimi, als vielmehr die Dokumentation eines Wochenendtrips - „jenseits des S-Bahn-Bereichs“ - zweier alter Männer. Auslöser für den Altherren-Urlaub ist der Selbstmord eines ehemaligen Reichsbürgers. Dieser war kurz vorher aus der Reichsbürger-Kolonien „Freiland“ ausgezogen.
Aber keine Angst: die Reichsbürger in Freiland haben nichts mit den mordenden Waffennarren aus den Nachrichten gemein. Im Tatort leben die Ewiggestrigen kurz vor der tschechischen Grenze einen hippieesken Aussteigertraum: Auf einem 12 Hektar großen, eingezäunten Grundstück. Angeführt wird die bunte Gruppe (es gibt Frauen, Männer, Kinder; sogar ein blindes Mädchen) von Ludwig Schneider, der die Reichsbürger nach dem Vorbild von südamerikanischen Sekten führt.
(Ludwig Schneider (Andreas Döhler), der Anführer der Freiländer, hät eine Brandrede gegen "das System". Die anderen Freiländer hören ihm dabei gebannt zu. Foto: Hendrik Heiden)
Die strunzdummen Dorfpolizisten haben weitestgehend vor den Freiländern kapitulier und auch Leitmayr und Basic bekommen kein ordentliches Verhör auf die Reihe. Aber Dank der mäßigen Ermittlungserfolge bleibt den Drehbuchautoren viel Platz für zwischenmenschliche Frotzeleien vor dem Würstchenautomaten. Wer für so etwas eingeschaltet hat, dürfte sich bestens unterhalten fühlen. Wer einen guten Krimi erwartet, muss leider in die Röhre blicken.
Im Tatort "Freies Land" ist nichts spannend oder überraschend. Hier wird nicht ermittelt und hier werden auch keine Verdächtigen verhört, stattdessen kann man alten Männern beim Biertrinken und Nacktbaden zusehen. Am Ende wird der Fall zwar aufgeklärt (vielmehr: aufgelöst), aber nicht in Freiland und auch nicht von Batic und Leitmayr.
Nach 90 Minuten stellt sich mir nur eine Frage: Wie bekomme ich meinen vergeudete Lebenszeit zurück?