Tarantino: Das Schreibgenie ohne Schulabschluss

Brillante Dialoge und lakonischer Witz sind die Markenzeichen von Quentin Tarantino. Mit 50 Jahren und acht Filmen ist er längst Kult.

Los Angeles. So viel Kunstblut hat kaum ein anderer Oscar-Preisträger vergossen: In Quentin Tarantinos Filmen spritzt es literweise über die Leinwand, seine Stars sind rot besudelt.

Doch Tarantinos Blutorgien wie „Pulp Fiction“, „Kill Bill“ und „Django Unchained“ sind keine Gewaltfilme. Auch wenn die Kritiker ihm gerne exzessive Darstellung und Blutrünstigkeit vorwerfen. Der amerikanische Regisseur, Drehbuchschreiber und Produzent, der am Mittwoch 50 Jahre alt wird, ist auch ein Meister der Worte.

Brillante Dialoge und lakonischer Witz sind sein Markenzeichen. Und er sagte einmal von sich selbst: „Ich stehe immer kurz davor, meine Arbeiten als Komödien zu bezeichnen.“ Als Autorenfilmer macht er in Hollywood kaum Kompromisse. Er führt Regie, schreibt das Drehbuch, ist selbst häufig Produzent und mischt sogar als Schauspieler in kleinen Rollen mit.

Für seine Drehbücher zu „Pulp Fiction“ und „Django Unchained“ gab es zwei Oscar-Trophäen und dazu das Lob seiner Stars. „Quentin, du weißt, dass meine Dankbarkeit nicht in Worte zu fassen ist“, stammelte ein sichtlich gerührter Christoph Waltz im Januar mit dem Golden Globe für seine Nebenrolle als Kopfgeldjäger in dem Sklavenwestern „Django Unchained“ in der Hand.

Tarantino ist ein Schreibgenie ohne Schulabschluss: Die junge Mutter zog den kleinen Quentin Jerome allein in Los Angeles auf. Dort ging der Filmjunkie in Ghetto-Kinos, wo Kung-Fu-Streifen und Western liefen. Alles weitere lernte er durch Jobs in Videoläden und beim Schauspielunterricht. „Er hat so viel Informationen über Filme in seinem Kopf wie kein anderer“, bescheinigte ihm 2003 sein „Kill Bill“-Star Daryl Hannah.

Mit seiner Filmleidenschaft landete er in einem Regie-Workshop in Sundance, wo Robert Redford das jährliche Festival für Independent-Filme ausrichtet. Mit seinem gefeierten Debüt „Reservoir Dogs — Wilde Hunde“, einem gnadenlosen Gangster-Kammerspiel, feierte Tarantino 1992 seinen ersten Kinoerfolg.

Zwei Jahre mussten sich die Fans des Kultregisseurs gedulden, dann wurden sie mit „Pulp Fiction“ entschädigt. Die Blutorgie um Ganovenehre, Mord und Totschlag — mit Bruce Willis als Berufsboxer und John Travolta als Profikiller — wurde in Cannes zum Siegerfilm gekürt.

Der ganz große Durchbruch kommt mit „Inglourious Basterds“ (2009): Darin lockt er Adolf Hitler und Joseph Goebbels zur Premiere eines Propagandafilms in einem Pariser Kino in eine Falle. Die NS-Größen sterben im Inferno aus brennendem Zelluloid und Maschinenpistolen-Salven. Damit habe er sich einen lange gehegten Traum erfüllt, sagte Tarantino 2009 bei der Premiere in Cannes: „Die Macht des Kinos besiegt das Dritte Reich.“

Mit dem Sklaven-Western „Django Unchained“ rechnete Tarantino mit der düsteren Vergangenheit der USA ab. Seine Hommage an den Spaghetti-Western spielt vor dem Hintergrund der Sklaverei, „damit man die Brutalität sieht, mit der Amerikaner ihre Sklaven behandelt haben“, sagte Tarantino.

Mit dem Oscar für das beste Drehbuch in der Hand trat Tarantino etwas unbeholfen, mit zerzausten Haaren hinter der Bühne vor die Journalisten: Er sei stolz darauf, ein internationaler Filmemacher zu sein. „Ich mache Filme für den Planeten Erde.“