Thriller: Abgründiges Schwedenrätsel

Die Bestseller-Verfilmung „Verblendung“ von Stieg Larsson setzt auf detailreiche Recherche und atmosphärische Bilder.

152 Minuten Spannung und keine Sekunde zum Durchatmen: In der Verfilmung des Mega-Bestsellers "Verblendung" geht es den Zuschauern im Kino wie einst den Lesern des Buches - sie fiebern mit, sie ekeln sich mit, sie wollen sich mit rächen.

Nur eines funktioniert im Film nicht: Wo das Buch von Stieg Larsson meisterhaft die Beziehung zwischen dem Journalisten und Frauenschwarm Mikael Blomkvist (Michael Nyqvist) und der spindeldürren, gepiercten Hackerin Lisbeth Salander (Noomi Rapace) aufbaut, nimmt sich der Film keine Zeit für diese Verbindung, die der rote Faden der Trilogie sein wird.

Die Bücher "Verblendung", "Vergebung" und "Verdammnis" - genannt Millenium-Trilogie - haben sich weltweit mehr als 15 Millionen Mal verkauft. Doch der Autor konnte seinen Erfolg nicht mehr feiern. Nachdem er drei von zehn geplanten Büchern mit Blomkvist und Salander geschrieben hatte, starb er 2004 an einem Herzinfarkt.

Die Fans können nur hoffen, dass die Bände vier bis sechs, deren Handlung Larsson bereits festgelegt hatte, noch einen Vollender finden - und sich bis dahin mit den Verfilmungen trösten.

In "Verblendung" wird Blomkvist von dem 82-jährigen Industriellen Henrik Vanger beauftragt, das Verschwinden seiner Nichte Harriet vor über 40Jahren aufzuklären. In der zutiefst unsympathischen Industriellen-Familie war sie der unschuldige Sonnenschein - doch plötzlich musste sie offenbar verschwinden.

Blomkvist beginnt zu recherchieren und bekommt per E-Mail Hilfe von Lisbeth Salander, die sich in seinen Computer gehackt hat. Ab sofort spüren der Gerechtigkeits-Fanatiker und die Gesetzlose gemeinsam der Vergangenheit nach.

Detailverliebt und kreativ setzt der schwedische Regisseur Niels Arden Oplev das Recherchepuzzle im Film um. Fotos, Notizen, Stimmen und Musik im Hintergrund bilden gelungene Collagen, wenn die Recherche im Film zu zerfasern droht.

Auch die Bilder von der schwedischen Insel Hedeby im klirrend kalten Winter, Wohnsitz der Familie Vanger, passen perfekt: gefühlskalt, verlassen, ungemütlich und trotzdem in all der Einsamkeit pathetisch schön.

Blomkvist und Salander werden in diese Landschaft versetzt, und landen plötzlich im Bett. Das wirkt auch deshalb unglaubhaft, weil Michael Nyqvist nicht so recht zu dem Blomkvist im Buch passen will. Nyqvist zeigt sich als zutiefst guter und herzlicher Mensch, der den Frauen eher Freund und Helfer sein will. So kann die seltsam starke Bindung zwischen den beiden, die sich aus krassen Gegensätzen aufbaut, nicht funktionieren.

Dennoch: Die Zuschauer dürfen froh sein, dass die Filmrechte nicht nach Hollywood gegangen sind. Durch die hierzulande unbekannten Schauspieler, die tolle Filmkulisse und die Konzentration auf gut erzählte Handlung wirkt der Film frisch und klar - ohne Schnörkel und aufdringlichen Herzschmerz. "Vergebung" und "Verdamnis" kommen schon 2010 in die Kinos.