Viel Beifall für die „Feuchtgebiete“

Deutscher Beitrag mit Chancen auf „Goldenen Leoparden“.

Locarno. Die Halbzeitbilanz des Internationalen Filmfestivals Locarno fällt ausgesprochen gut aus. Der Wettbewerb um den Hauptpreis, den Goldenen Leoparden, überzeugt mit Qualität. Die abendlichen Freiluftaufführungen von Filmen außerhalb der Konkurrenz für 8000 Zuschauer auf der malerischen Piazza Grande locken selbst bei Regen das Publikum mit viel Unterhaltung und Star-Power.

Starken Beifall gab es vom Großteil des Publikums und der Journalisten für den deutschen Wettbewerbsbeitrag „Feuchtgebiete“. Der Film wurde nach der Aufführung am Sonntagabend von mehr als 3500 Zuschauern bejubelt. Beim anschließenden Publikumsgespräch gab es vielfach eine geradezu enthusiastische Zustimmung. Die Adaption des bei seinem Erscheinen 2008 als Skandal gehandelten Romans von Charlotte Roche gilt vielen als Anwärter auf den Hauptpreis, den Goldenen Leoparden.

Bei einer Pressekonferenz zum Film gab es allerdings auch einige wenige Stimmen, die Roman und Film pauschal als „ekelhaft“ klassifizierten. Charlotte Roche, die Autorin der Buchvorlage, konterte pointiert: „Vor Jahrzehnten haben Frauen öffentlich ihre Büstenhalter verbrannt, um die Emanzipation voranzutreiben. Das muss man leider immer mal wiederholen.“ Der Beifall dafür war stark.

Roche ist von der Inszenierung und den Darstellern begeistert. „Ich bin sehr glücklich über diesen Film. Ich hatte ja bewusst entschieden, mich nicht einzumischen. Mein Vertrauen in David Wnendt und die anderen ist aufs Schönste bestätigt worden.“

Regisseur David Wnendt setzte das Porträt der 18-jährigen Helen mit sehr viel Feingefühl um. Ihre Obsession für allerlei Körperflüssigkeiten wird begreifbar als Flucht vor der Angst, von der Umwelt nicht als Persönlichkeit wahrgenommen zu werden, vor dem Schmerz des Alleinseins. Hauptdarstellerin Carla Juri sieht den Film „als Auseinandersetzung mit universellen Themen“. Das habe ihr auch das Spielen expliziter Nacktszenen leicht gemacht.