Vor 20 Jahren starb Yves Montand

Paris (dpa) - Furchengesicht, zwinkerndes Auge, ironisches Lächeln - ein „mec sympa“, ein netter Kerl: Yves Montand war der Liebling einer ganzen Generation.

Mit seinen Chansons traf er das Pariser Lebensgefühl der 50er und 60er Jahre und in seinen Filmen spielte er so, wie die meisten Franzosen gern sein wollten: Elegant und gewandt, charmant und ein wenig feurig. Und das alles mit der diskreten Zurückhaltung des schweigenden Genießers. So liebten die Franzosen Montand, der vor 20 Jahren, am 9. November 1991, als nationale Identifikationsfigur gestorben ist.

Montand war keine Schönheit. „Sein Kopf ist zu groß, seine Ohren sind zu groß, seine Nase ist zu groß, sein Kinn ist zu klein, seine Augenlider hängen herunter - und dennoch addiert sich all dies zu einer unübersehbaren Persönlichkeit im Showgeschäft“, wunderte sich die „New York Times“. Der Schauspieler und Sänger verfügte jedoch reichlich über Charisma, Witz und Charme.

Den „Latin Lover“ spielte er nicht nur auf der Leinwand. „Machen wir's in Liebe“ hieß einer seiner erfolgreichsten Filme. Er nahm es wörtlich und entfesselte eine feurige Liebschaft mit Filmpartnerin Marilyn Monroe, während er mit der Schauspielerin Simone Signoret verheiratet war. Das blonde Busenwunder über den französischen Herzensbrecher: „Er ist der aufregendste Mann, den ich je traf.“

Auch die erfolgsverwöhnte Edith Piaf konnte er in seinen Bann ziehen. Und das schon, als er noch ein Halbwüchsiger war. Nach seiner Jugend in Marseille als Kellner, Anstreicher und Docker floh er in den letzten Kriegsjahren nach Paris, wo er den „Spatz von Paris“ kennenlernte, eine für seine Karriere wichtige Begegnung und spätere Liaison.

Die gefeierte Chansonsängerin soll ihm seinen entscheidenden Auftritt im „Moulin Rouge“ verschafft haben, was Montand sein Leben lang abstritt. Der Verführer war nicht nur elegant, sondern auch stolz. „Sie hat mich nicht gemacht, doch ich habe viel von ihr gelernt“, wehrte sich der Draufgänger.

Doch auch bei Montands ersten Schritten auf der Leinwand war Edith Piaf dabei; sprühend vor Jugend und Charme spielte er an ihrer Seite in „Stern ohne Licht“ (1946). Sechs Jahre später folgte „Lohn der Angst“ - einer der Höhepunkte seiner Schauspielerkarriere. In dem existenzialistisch angehauchten Thriller von Henri-Georges Clouzot bringt er rücksichtslos und mit grandioser Lässigkeit einen explosiven Nitroglyzerin-Transport ans Ziel - um später doch zu sterben.

Danach kamen über 50 Filme und Welterfolge wie „Lieben Sie Brahms?“ (1961), „Die Helden sind müde“ oder „I wie Ikarus“ und „Cesare und Rosalie“ (1972) mit Romy Schneider. Sein Aussehen und sein Charme ließen ihn sowohl als kalter Spion wie auch als glühender Liebhaber brillieren.

Montand verkörperte in Filmen wie im Privaten den Aufsteiger, der es aus kleinen Verhältnissen zu etwas gebracht hat und später in der Welt der Vornehmen Stil bewahrt. Geboren als Ivo Livi in der Toskana, wuchs er in einem Arbeiterhaushalt in Marseille auf.

In der südfranzösischen Hafenstadt wurde auch sein Sinn fürs Politische und Soziale geboren. Jahrelang stand er der Kommunistischen Partei nahe, vollzog nach dem sowjetischen Einmarsch in Prag jedoch eine Kehrtwende und wurde zum lautstarken Konservativen, was ihm ebenso viel Schlagzeilen einbrachte wie seine Liebesaffären.

Seine meist zärtliche, zuweilen melancholische, aber immer melodische Stimme gehörte damals zu Montmartre und Montparnasse wie die Dichterphilosophen Camus und Sartre. Seine Gesangsvorbilder waren Maurice Chevalier und Fred Astaire. Doch seine besten Lieder waren mehr: urfranzösische Chansons und Welthits zugleich - und diese Mischung hat es seitdem nicht mehr gegeben.