Wenders & Co feiern auch ohne Oscar
Hollywood (dpa) - Der Hamburger Kurzfilmer Max Zähle fühlt sich auch ohne Oscar wie ein Gewinner.
„Wir waren, bleiben und werden immer Oscar-nominiert sein. Ob wir die Statue haben oder nicht, das ist total egal“, flüstert der 34-jährige Regisseur mit heiserer Stimme auf der Oscar-Party im Lounge-Garten des Edelhotels „Sunset Marquis“ in Hollywood. Er haben in den letzten Tagen zu viele Interviews gegeben, entschuldigt sich der gebürtige Hannoveraner, der mit dem Kurzfilm „Raju“ ins Rennen gegangen war.
„Wir sind mehr glücklich, als dass wir enttäuscht sind“, pflichtet seine Hauptdarstellerin Julia Richter (41) bei. In „Raju“ spielen Richter und Wotan Wilke Möhring (44) ein Ehepaar, das nach Indien kommt, um ein Waisenkind zu adoptieren.
Für alle vier deutschen Hoffnungsträger sind in der Nacht zum Montag die Oscar-Träume zerplatzt. Wim Wenders' 3D-Tanzhommage an die gestorbene Tänzerin und Choreographin Pina Bausch wurde von dem Football-Drama „Undefeated“ geschlagen. Die Kostümbildnerin vom Roland Emmerich-Film „Anonymus“, Lisy Christl (47), ging auch leer aus.
Auch das Produzententeam um Steffen Reuter (39), das den Holocaust-Film „In Darkness“ produziert hatte, konnte nicht den erhofften Auslands-Oscar holen. Regisseurin Agnieszka Holland (63) unterlag in Hollywood dem iranischen Berlinale-Gewinner „Nader und Simin - Eine Trennung“ in der Regie von Asghar Farhadi. „Wir sind hierhergekommen, um zu gewinnen“, gab Reuter offen zu. „Dann müssen wir eben beim nächsten Mal einen Oscar holen“. Gefeiert wurde trotzdem.
Eingeladen hatten ins „Sunset Marquis“ unter anderem Studio Babelsberg und Reuters' Firma Schmidtz Katze Filmkollektiv mit Standorten in Berlin und Halle. Die Deutschen können sich mit Hollywood-Stars wie Martin Scorsese, George Clooney und Brad Pitt messen vergleichen, die ebenfalls ohne Oscar nach Hause gehen mussten.
Die Aufregung ging bereits am roten Teppich los. „Man steht viel rum und guckt, und George Clooney ging immer wieder an einem vorbei“, strahlt Schauspielerin Julia Richter. Sie selbst hatte sich von der Berliner Modemacherin Karolin Kruger eisblaue Seide maßschneidern lassen. „Da denkt man, erst Kalkutta, dann hier“. Krasser könnte der Gegensatz kaum sein. Das Team um Zähle (34) und Produzent Stefan Gieren (32), Absolventen der Hamburg Media School, hatte bei starkem Monsunregen in Armenvierteln von Kalkutta gedreht.
Von der Oscar-Nominierung verspricht sich Zähle Rückenwind für seinen ersten langen Spielfilm, eine Tragikomödie, die er Ende dieses Jahres im heimatlichen Norddeutschland auf die Beine stellen will. Auch das Schmidtz Katze Filmkollektiv hat große Projekte: „Das Kalte Herz“, basierend auf einem Märchen von Wilhelm Hauff, und „Die Schwarze Kunst“ über die Anfänge der Buchdruckerkunst.
Wim Wenders hat auch ohne Oscar schon erreicht, was ihm am Herzen liegt: Seine Faszination von Pina Bausch mit einem großen Kinopublikum zu teilen. In den USA ist der Film über die 2009 gestorbene Tänzerin in über 60 Städten angelaufen, teils in ausverkauften Häusern. „Wir haben mit dem Film ein großes Publikum erreicht, das weder von Tanz noch von Pina Bausch vorher etwas wusste. Ich habe den Film für all jene gemacht, die genauso unbeleckt sind, wie ich es einmal war“, sagte Wenders am Vorabend der Oscar-Verleihung. Für den Regisseur war es allerdings schon die zweite enttäuschte Hoffnung auf den „Goldjungen“. Im Jahr 2000 hatten viele damit gerechnet, dass er für die Musik-Doku „Buena Vista Social Club“ den Oscar holt.
Statt vier Kilo Oscar nimmt Steffen Reuter ein leichteres Souvenir nach Berlin mit zurück. „Den wahnsinnig schönen Blick auf den Pazifik und die Sonne, die hier natürlich wärmer scheint als in Deutschland. Dann bringe ich meinen Freunden eben den Frühling mit.“