Ausstellungen: So viel Selfie ist in Museen erlaubt

Viele Häuser nutzen Fotos ihrer Besucher für Werbung — in anderen sollten sich Freunde des Selbstporträts lieber bremsen.

Düsseldorf/Wuppertal. Selbstporträts am langen Arm sind angesagt wie nie. In Düsseldorf wird angeblich so exessiv geknipst, dass das US-Magazin „Time“ die Landeshaupt zur „Welthauptstadt der Selfies“ gekürt hat. Auch in Museen macht der Trend nicht halt. Wobei das nicht überall gern gesehen ist. Aktuelle Ausstellungen im Selfie-Check.

Foto: David Young / dpa (2)

Was gibt’s zu sehen? 300 000 Kunstfans haben den Museen K 20 und K 21 im vorigen Jahr einen Besucherrekord beschert! Gut ein Drittel von ihnen bekletterte die riesige Rauminstallation „In Orbit“ des Künstlers Tomás Saraceno (42) — eine luftige Konstruktion aus Netzen, die noch bis Jahresende zu sehen ist. Im Museum K20 ist bald „Uecker“ zu sehen. Vom 7. Februar an wird am Grabbeplatz das Werk Günther Ueckers (85) gezeigt.

Lohnt die Anreise? Eine Kletterpartie in Saracenos Spinnennetz ist ein großer Spaß. Uecker stammt zwar aus Pommern, lebt, arbeitet und lehrt(e) aber seit vielen Jahrzehnten in Düsseldorf. „Uecker“ verspricht tiefe Einblicke in die Welt des Künstlers.

Selfie-Faktor? Bei Saraceno ist Fotografieren schwierig, weil gefährlich. Zudem müssen Besucher aus Sicherheitsgründen in einen Overall schlüpfen. Für „Uecker“ gilt ein Fotoverbot.

Was gibt’s zu sehen? Vom 30. Januar bis 1. Februar geht das Düsseldorfer Photo Weekend in die vierte Runde. Neben dem NRW-Forum im Ehrenhof beteiligen sich zahlreiche Galerien. Im Forum selbst starten am 29. Januar gleich zwei Ausstellungen. Zu sehen sind unter dem Titel „Human Nature“ Werke aus der Sammlung der Deutschen Börse. Zeitgleich startet „Neorealismo. Die neue Fotografie in Italien“. Die Bilder umfassen die Jahre 1932 bis 1960.

Lohnt die Anreise? Die Strahlkraft der Vergangenheit hat das Museum zwar etwas eingebüßt, Freunde der Fotografie kommen dort dennoch auf ihre Kosten.

Selfie-Faktor? Der Schwerpunkt im Museum liegt auf der Fotografie, an Fotos oder Selbstproträts am langen Arm wird dort niemand gehindert. Für den September plant der neue Chef des NRW-Forums, Alain Bieber (38), die Schau „Ego Update“ — rund ums Selfie und Selbstinszenierungen.

Was gibt’s zu sehen? Zwei aktuelle Ausstellungen sind noch bis zum 22. Februar zu sehen: Zum einen 110 Tuschezeichnungen, Lithografien und Radierungen aus dem „Pariser Album“ des Zeichners Jochen Stücke (52). Zum anderen die gefeierte Ausstellung über Camille Pissarro (1830 — 1903), den „Vater des Impressionismus“. Rund 170 Bilder zeichnen den Lebenswerk des Rauschebartträgers nach — die größte Pissarro-Werkschau, die in Deutschland zu sehen war.

Lohnt die Anreise? Unbedingt! Besonders die Pissarro-Ausstellung ist ein Genuss — nicht nur für Kenner. Vor allem weil die Werke des Impressionisten gemeinsam mit jenen von Zeitgenossen und Epigonen gezeigt werden. Die Stücke-Ausstellung ist eher ein Geheimtipp.

Selfie-Faktor? Der ist bei Von der Heydts nicht besonders hoch. In Sonderschauen gilt grundsätzlich ein Fotografierverbot. In der ständigen Sammlung (Umhängung ab April) und vor allem bei Führungen sind Fotos zumindest nicht allzu gern gesehen. Tipp: In der Kunsthalle, der Dependance des Museums in Barmen, wird die Selfie-Politik lockerer gehandhabt.

Was gibt’s zu sehen? Das Kaiser Wilhelm Museum wird saniert und saniert und saniert — noch bis Jahresende. In Haus Lange und Haus Esters, beides Entwürfe des Bauhaus-Architekten Mies van der Rohe (1886 — 1969), laufen bis 15. Februar Ausstellungen. In Haus Esters zeigt Rosella Biscotti (37) eine Installation, die sich mit der Geschichte der Textilindustrie ebenso auseinandersetzt wie mit den für die Fabrikanten Lange und Esters entworfenen Villen. In Haus Lange sind Werke von Künstlern zu sehen, die voriges Jahr für den Nam Jun Paik-Award nominiert waren. Preisträgerin Camille Henrot (37) zeigt multimediale Skulpturen, von Nam Jun Paik (1932 — 2006) selbst ist Multi-Monitor-Installation Mercury zu sehen.

Lohnt die Anreise? Vor allem Architekturfreunde und Fans von Medienkunst und -installationen kommen in den beiden Häusern auf ihre Kosten. Ein Besuch lohnt schon wegen der Gebäude im Bauhausstil und in diesem Jahr besonders wegen der Nam Jun Paik-Nominierten.

Selfie-Faktor? Mit Fotos sieht es nicht gut aus. Im Inneren der beiden Häuser gilt striktes Verbot. Wer dennoch knipst, riskiert eine (freundliche) Ermahnung. Außenaufnahmen sind jederzeit möglich.

Was gibt’s zu sehen? Neben der Dauerausstellung läuft bis Ende Februar die Interaktive Sonderausstellung „Blick in Herz“. Sie zeigt Möglichkeiten der medizinischen Bildgebung und gibt Einblicke in die Forschung. Die Dauerschau zeigt auf mehr als 2100 Quadratmeter Leben und Wirken von — na klar, — Wilhelm Conrad Röntgen (1845 — 1923).

Lohnt die Anreise? Wer die Verbindung aus Geschichte, Medizin und Wissenschaft spannend findet, ist in Remscheid bestens aufgehoben. Besonders für kleine Leute lohnt ein Besuch.

Selfie-Faktor? Der Höchste in unserer Übersicht! Ob drinnen, draußen, Selfie oder Gruppenbild — kein Problem.