Fotografie: Die erzählten Familienbilder

In der Kölner SK-Stiftung Kultur zeigt Thomas Struth Bilder zum „Familienleben“.

Köln. Thomas Struth (53) ist der menschlichste der "Struffkys", wie man die drei berühmten Düsseldorfer Fotokünstler Struth, Ruff und Gursky nennt, die aus der Fotoklasse von Bernd Becher hervorgegangen sind. In der Kölner Sparkassen Stiftung Kultur präsentiert er 28 Familienbilder. Aus ihnen spricht große Vertrautheit, seelische Befindlichkeit und ein feines Beziehungsgeflecht der Figuren zueinander.

Dieses "Familienleben", wie er die Ausstellung nennt, kommt ohne Gags, fotografische Effekte oder Computer aus. Er schleppt noch immer die unhandliche Plattenkamera mit sich herum und begnügt sich mit dem vorhandenen Licht. Er lehnt die Mittel der Werbefotografen oder Schnappschüsse ab. Bei ihm muss sich eine Familie einen halben Tag Zeit nehmen, um Teil jenes Mikrokosmus zu werden, den er festhalten will. Er lebt seine "Beobachtungslust an der menschlichen Existenz".

Es gibt wunderbare, sich selbst genügende Beispiele. Das ältliche Ehepaar Eleonor und Giles Robertson (1987) ist eine der Ikonen der Porträtkunst. Wie diese kultivierten älteren Herrschaften der Zeit entrückt sind und doch im leicht verschwimmenden Hintergrund ihre Farb- und Bild-Energien erhalten, ist faszinierend. Struths Bilder leben von einer nicht greifbaren Stimmung, und doch interpretieren sie sich selbst.

Da ist die vierköpfige Familie des ehemaligen Düsseldorfer Kunstvereins-Vorsitzenden Gerd Schäfer. Der Blick fällt auf die Ehefrau. Schwarz gekleidet wie eine Schicksalsgöttin steht sie da und zieht unsere Blicke und damit auch die des Kameraauges auf sich. Anders wirkt die Situation beim Künstlerkollegen Gerhard Richter, einst sein Lehrer und bester Berater, der ihm den Wechsel von der Malerei in die Fotografie nahelegte. Der Mikrokosmos der Familie Richter, 2002 nach schwerer Krankheit des Künstlers belichtet, zeigt auch das kleine Gemälde mit Totenkopf. Hinter der Familie ein Strauß weißer Lilien, Sinnbilder der Reinheit und der Todesnähe.

"Lächelnde Gesichter mag ich nicht", sagt Thomas Struth. "Davon gibt es allzu viele Beispiele in den Magazinen." Seine Menschen schauen ernst, den Blick auf die Kamera gerichtet. Zugleich sind sie in sich versunken, nehmen den Ausdruck von "Meditationsbildern" an, wie er es nennt. In diesen eher zufälligen Kompositionen der engsten Familienmitglieder findet ein Wechselspiel des Gebens und Nehmens, der Ähnlichkeiten, der zaghaften Beziehungen untereinander statt. Psychologie kommt immer auf leisen Sohlen daher.

Regeln für das Zusammensein auf seinen Bildern gebe es kaum, sagt Struth: "Die Grundregel liegt darin, in die Kamera zu schauen. Der Ort sollte die häusliche Umgebung der Personen sein, also die Küche, das Wohnzimmer oder der Garten." Struths Motive sind Persönlichkeiten. Sie verweisen auf eine Geschichte, die sie wie ihre Geburt nicht selbst bestimmen können. Struth nennt es das "epische Moment in meinen Bildern." "Jedes könnte eine Stelle in einem Buch sein, die ich versuche, nachzuerzählen."

Köln, Im Mediapark, bis 20.4., geöffnet tgl. 14-19 Uhr, Mittwoch geschl., Montag freier Eintritt, Tel. 0221/226-5900