Grütters lenkt im Streit um NS-Raubkunst-Gremium ein
Berlin (dpa) - Nach Kritik an der Besetzung des Vermittlungsgremiums für NS-Raubkunst lenkt Kulturstaatsministerin Monika Grütters ein. Sie werde der Limbach-Kommission empfehlen, eine Persönlichkeit mit jüdischem Hintergrund in ihre Arbeit einzubeziehen.
„Das wäre eine starke vertrauensbildende Maßnahme für die jüdische Seite“, teilte die CDU-Politikerin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit.
Sie werde mit den Mitgliedern der Kommission, mit Ländern und Kommunen nicht nur über die Besetzung beraten, „sondern auch anregen, nach 13 Jahren guter Arbeit über einzelne Aspekte der Arbeitsordnung nachzudenken“, schrieb Grütters in ihrer Stellungnahme.
Die Kommission unter Leitung der früheren Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, vermittelt auf Wunsch zwischen Beteiligten, wenn es Streit um mögliche Raubkunst gibt. Es geht also um Kulturgüter, die ihren Eigentümern von den Nazis geraubt wurden. Eine Gruppe von Anwälten aus Deutschland, Italien und den USA hatte diese Woche in einem Offenen Brief kritisiert, dem bisherigen Verfahren mangele es an Fairness, Transparenz und Gerechtigkeit.
Zu den Unterzeichnern zählt auch Markus Stötzel, der zuletzt die Erben des jüdischen Galeristen Alfred Flechtheim (1878-1937) vertreten hat. Diese hatten Ende Februar ihre freiwillige Teilnahme an einem Verfahren der beratenden Limbach-Kommission aufgekündigt. In ihrem Schreiben forderten die Juristen unter anderem, der Kommission müssten auch Vertreter der Verfolgtengruppen angehören.
Ähnlich hatte sich der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, nach Angaben der Bundesregierung geäußert. Grütters hatte sich vergangene Woche auf ihrer USA-Reise mit ihm in New York getroffen. Laut Mitteilung, die Grütters Ministerium selbst verschickte, sagte er unter anderem, die Besetzung der Kommission müsse „die Perspektive der antragstellenden Opfer“ einbeziehen.
Laut Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ spricht sich Lauder klar für eine jüdische Persönlichkeit in der Kommission aus, das Gremium werde von den oft älteren jüdischen Antragstellern als „kalt und distanziert“ empfunden. Niemand äußere Verständnis, wenn sie um ihr Recht kämpften, zitierte das Magazin Lauder. Viele Länder hätten seiner Auffassung nach bei der Aufarbeitung von NS-Raubkunstfällen mehr erreicht als Deutschland.
Der „Spiegel“ berichtete auch, Grütters habe bei ihrem USA-Besuch betont, sie lehne es ab, einen jüdischen Vertreter in die Limbach-Kommission zu berufen. Die „New York Times“ hatte sie mit dem Satz zitiert, eine solche Person sei dann die einzige Stimme, die voreingenommen sei. Nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“ teilte ein Sprecher mit, Grütters Zitat sei nicht ganz korrekt wiedergegeben worden.
Niemand habe jemals einer jüdischen Persönlichkeit die Objektivität abgesprochen, schreibt Grütters nun in ihrem Statement. „Dieser und der Vorwurf des Rassismus sind deshalb vollkommen unangemessen, auch in Bezug auf die Mitglieder der Limbach-Kommission, die alle höchste Reputation besitzen.“ Lauder und sie seien in ihren Überlegungen viel weiter als die öffentliche Diskussion es jetzt vermuten lasse.
Sie werde empfehlen, eine Persönlichkeit mit jüdischem Hintergrund einzubeziehen. „Wir wissen beide, dass im Unterschied zu einer solchen jüdischen Einzelpersönlichkeit ein von einer Organisation entsandter Vertreter im Zweifelsfall auch einmal in einen Interessenkonflikt geraten könnte“, so Grütters. Nach Informationen des rbb schlägt Lauder als möglichen Kandidaten den früheren Direktor des Jüdischen Museums Berlin, Michael Blumenthal (90), vor.