Kunst: Was einen van Gogh ausmacht
Langweilige Tapete, falsche Farben: Die Merkmale der gefälschten Gemälde aus dem Wuppertaler Von der Heydt-Museum.
Wuppertal. "So eine langweilige Tapete hätte van Gogh nie gemalt" - so urteilten die Kunstexperten am Van-Gogh-Museum in Amsterdam, als sie das "Stillleben mit Kaffeetopf und Blumen" aus dem Wuppertaler Von der Heydt-Museum begutachteten.
Beim ebenfalls zur Untersuchung eingereichten "Stillleben mit Krug und Birnen" kamen sie zu dem Schluss, dass es wegen des "Mangels an klaren Pinselstrichen" nicht von dem berühmten Niederländer (1853 - 1890) gemalt wurde.
Museumsleiter Gerhard Finckh holte am Montag die beiden unsignierten Stillleben aus ihrer Transportkiste und erläuterte die weiteren Fälschungs-Kennzeichen. So hat sich beim Röntgen herausgestellt, dass die Leinwand sich bei keinem anderen van Gogh-Bild wiederfindet - das müsste sie aber, denn damals kauften Maler ihre Leinwand als ganze Rolle.
Bei der Pigmentuntersuchung hat sich herausgestellt, dass die Farben alle aus der Zeit von van Gogh stammen. Allerdings kommt ein Braun direkt aus der Tube, was er nie gemacht hat, und ein Grün ist anders gemischt, als bei van Gogh üblich.
Zudem endet die Spur dieser Werke vor dem 19. Jahrhundert. Sie werden erstmals schriftlich erwähnt, als der Wuppertaler Bankier und Sammler August von der Heydt sie kaufte - eins 1918 von der Frankfurter Galerie Goldschmidt, das andere 1928 von der Kölner Galerie Abels.
So sind von den sechs van Gogh-Werken, die das Von der Heydt-Museum einmal auf seiner Bestandsliste führte, noch drei übrig. Ein Bild mit Astern wurde schon vor Jahren als Fälschung erkannt. Aber "völlig unstrittig" (Finckh) sind das "Bild einer holländischen Bäuerin" und das Gemälde "Kartoffelsetzen": Sie sind derzeit nach Rom ausgeliehen. Zum Museumsbesitz gehört auch noch ein Aquarell "mit relativ unspektakulären Bauernhütten" (Finckh), das im Depot verwahrt wird.
Die Wuppertaler befinden sich mit ihren frisch festgestellten Fälschungen in bester Gesellschaft. Denn in Museen weltweit betrachtet man van Gogh-Gemälde mit Misstrauen. So ist ein Selbstporträt in der Osloer Nationalgalerie strittig, ein anderes im Wiener Schloss Belvedere bereits als gefälscht enttarnt. Selbst im Amsterdamer Van Gogh-Museum wurde man mehrfach negativ fündig.
Denn Vincent van Gogh dürfte der am meisten gefälschte Maler sein. Zu Lebzeiten verkaufte er kaum ein Bild, sondern wurde von seinem Bruder Theo alimentiert. Doch die Einschätzung seines Werks änderte sich bald, die Preise für seine Bilder zogen gewaltig an und erzielen heute bei Auktionen Höchstpreise.
Aber sein Werk ist unübersichtlich. Der Maler hat nie Buch über sein Schaffen geführt, bis heute gibt es kein zuverlässiges Gesamtverzeichnis. Zudem ist die spontane Malweise van Goghs leichter nachzuahmen als ein altmeisterliches Werk mit verschiedenen Farbschichten. Deshalb tauchen seit gut 100 Jahren immer wieder neue van Goghs auf - wie viele echt sind, ist kaum zu sagen. Wie reimte schon der Kulturjournalist Alfred Kerr anlässlich eines Prozesses um gefälschte van Goghs 1930: "Das Leben lacht. Die Sonne strahlt. Der tote Vincent malt und malt."