Pop Life: Kunst, Kitsch und Kommerz
Die spektakuläre Ausstellung in der Kunsthalle Hamburg zeigt die Entwicklung der„Pop Art“ seit Andy Warhol.
Hamburg. "Sex sells" heißt es in der Werbung. Aber anscheinend gilt das auch oft für die Kunst. Doch wo beginnt sie und was gehört noch zur Werbung? Oder verschwimmen beide unter dem Begriff "Kommerz"?
Wenn es um "Pop Art" geht stimmt das sicherlich. Denn bei jener populären, also massentaugliche Kunst, mit der Andy Warhol einst weltberühmt wurde, gehört das Spiel auf der Grenze zwischen Kunst, Sex, Selbstvermarktung und Kommerz unteilbar zueinander.
Dass dies bei heutigen Pop-Art-Künstlern, 30 Jahre nach Warhols großen bunten Serien-Bildern, mehr denn je so ist, zeigt "Pop Life". Eine Ausstellung die jetzt in der Kunsthalle Hamburg zu sehen ist
Überlebensgroße Manga-Puppen mit riesiger Oberweite, ein totes Kalb mit goldenen Hufen und eine Künstlerin als Porno-Star. Das sind die beachtetsten Werke in "Pop Life". Sie zeigt, mit 380 Gemälden, Fotos, Videos und Skulpturen die Entwicklung der "Pop Art" und ihrer Protagonisten seit den 1970er Jahren.
Bis heute betreiben viele Künstler das Warhol-Prinzip der Selbstinszenierung weiter. Wie auch Jeff Koons. Der Amerikaner weiß genau, wie er die Massenmedien nutzen kann. Seine Serie "Made in Heaven", die ihn nackt mit seiner damaligen Ehefrau, dem italienischen Pornostar Cicciolina, zeigt, machte den Künstler populär.
Auch deutsche Künstler machten sich das Prinzip zu eigen. Allen voran Martin Kippenberger: Der Künstler gab bei Koons ein Porträt mit dem Titel "Jeff Koons Thinks Martin Kippenberger ist Great" in Auftrag. Die Hamburger Kunsthalle stellt Kippenbergers Werk "Bitte nicht nach Hause schicken" aus.
Im zweiten Stock befasst sich die Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle ganz mit medialer Vermarktung, Voyeurismus und künstlerischer Selbstausbeutung, die in der Prostitution (wörtlich: "zur Schau stellen, preisgeben") endet. So hat sich die Künstlerin Andrea Fraser in der Kunstaktion als Sexualpartnerin für eine Videoperformance versteigert. Diese zeigt sie beim Sex mit jenem anonymen Kunstsammler, der ihr dafür 20.000 Dollar zahlte.
Eines der Highlights der Ausstellung: Die Manga-Figur "Hiropon" des japanischen Künstlers Takashi Murakami. "Hiropon" ist eine fast zwei Meter große Manga-Figur, die aus ihren gigantischen Brüsten Milch verspritzt. In Anlehnung an Warhol schuf Murakami sogar sein eigenes weltweit agierendes Unternehmen zur Verbreitung seiner Kunst.
Wie bei Überraschungseiern können japanische Kinder kleine Kopien seiner Manga-Figuren als Beilage von Kaugummis erwerben. Zudem produzierte Takashi Murakami eigens für die Ausstellung einen Kurzfilm, der nur auf der "Pop Life" gezeigt wird: Spiderman-Hauptdarstellerin, Kirsten Dunst, als Manga-Mädchen in Tokyo.
Von vielen Besuchern kontrovers diskutiert wird das Exponat "False Idol" des britischen Künstlers Damien Hirst. Ein in Formaldehyd eingelegtes Kalb mit goldenen Hufen. Auch damit zeigt die Ausstellung, dass "Pop-Art"-Künstler - heute wie bei Warhol - ihre erste Bekanntheit immer öffentlichkeitswirksamen Skandalen verdanken. Und nur wer sich selbst mit als Kunstwerk inszeniert, bleibt angesagt.