Sixtinische Kapelle: Neues Licht und neue Belüftung
Rom (dpa) - Wer die Sixtinische Kapelle im Vatikan betritt, richtet den Blick in aller Regel sofort nach oben zur Decke mit ihren einzigarten Fresken Michelangelos. Die wohl bekannteste Kapelle der Welt präsentiert sich den Besuchern künftig in völlig neuem Glanz.
Verantwortlich dafür ist eine neue Beleuchtungsanlage, die nach rund dreijährigen Arbeiten nun fertiggestellt ist. 450 Jahre nach dem Tod des Meisters und 20 Jahre nach der letzten großen Renovierung wurde zudem eine neue Klimatisierung in Betrieb genommen, die dem gewaltigen Besucheransturm gerecht werden soll. Etwa sechs Millionen Touristen kommen jedes Jahr an den Ort, wo die Päpste gewählt werden.
Voller Stolz präsentiert der Direktor der Vatikanischen Museen, Antonio Paolucci, die neuen Anlagen. Neues Licht und frische Luft - das sei, so Paolucci, die beste Art, an Michelangelo anlässlich seines 450. Todestages zu erinnern.
Rund 7000 LED-Lampen erleuchten künftig die Sixtinische Kapelle, vermeiden es aber, einzelne Kunstwerke wie etwa Michelangelos „Erschaffung Adams“ hervorzuheben. „Die jetzige Beleuchtung präsentiert die Kapelle einfach adäquater, als das vorher der Fall war“, erläutert Professor Arnold Nesselrath, Direktor der Abteilung für byzantinische, mittelalterliche und moderne Kunst der Vatikanischen Museen.
Der Weg dorthin war ein langer, nicht nur für die Verantwortlichen des Museums, sondern auch für die beteiligten Firmen, darunter auch der Münchner Lichtkonzern Osram, der die Beleuchtung übernommen hat. Die neuen Systeme wurde nicht einfach eingebaut und angeschraubt. Vielmehr musste eigens in Labortests nachgewiesen werden, dass etwa die neue Beleuchtung keinen Schaden an den unschätzbaren Kunstwerken hinterlässt. Nächtelang wurde nach Worten der Fachleute mit Museumsdirektor Paolucci in der Kapelle die richtige Licht-Einstellung ausprobiert, um neben den Michelangelo-Fresken auch die Meisterwerke Botticellis, Ghirlandaios oder Rossellis am besten zur Geltung zu bringen
Mit bloßem Auge ist von den Anlagen erst einmal wenig zu sehen. Doch was sie leisten sollen, erscheint enorm: Denn seit Jahren warnen Experten, dass die empfindlichen Werke 20 Jahre nach der letzten Überholung der Klimatisierung angesichts der Besuchermassen von Staub, stark schwankenden Temperaturen und unterschiedlicher Luftfeuchtigkeit bedroht würden.
Bis zu 20 000 Besucher kommen an manchen Tagen in die Kapelle und stehen meist dicht gedrängt staunend unter den Kunstwerken, die sich allein unter der Decke des Gebäudes auf rund 2500 Quadratmetern erstrecken. Künftig erfassen Kameras die Besuchermenge, justieren den Luftstrom entsprechend nach und halten die Temperatur zwischen 20 und 25 Grad sowie die Feuchtigkeit bei 50 bis 60 Prozent.
Aber was ist jetzt so anders mit der neuen Beleuchtung? Professor Nesselrath erläutert es so: „Das Licht wurde anders verteilt, weil man jetzt auch andere Fresken einbezogen hat.“ Es gehe darum, nicht nur auf Michelangelo zu schauen, sondern auch wahrzunehmen, wie der Meister auf die anderen Fresken reagiert hat.
„Und diese Dinge kann man nur wahrnehmen, wenn das Ganze auch als Gesamtheit präsentiert wird. Das ist das Konzept dieser Beleuchtung.“ Die Fresken illustrierten die Heilsgeschichte, so Nesselrath. „Und das versteht man nicht, wenn man hier reinkommt und immer nur den Michelangelo anstaunt.“ Für besondere Anlässe gibt es zudem noch eine „Gala-Beleuchtung“, die den Raum noch einmal viel heller erstrahlen lässt.
Wäre eine Lösung für den besseren Schutz der Kunstwerke nicht auch eine Begrenzung der Besucherzahlen? Solche Gerüchte waren in den vergangenen Tagen in der italienischen Presse aufgetaucht. Doch Museumsdirektor Paolucci und auch sein Kollege Nesselrath widersprechen. Nesselrath: „Es ist die klare Position, dass jeder, der in Sixtinische Kapelle gehen möchte, auch hineingehen kann.“