Spardebatte: Auch Museen sind nicht unantastbar
Düsseldorf (dpa) - Der Aufschrei war groß: Überlegungen der klammen Stadt Bochum, ihr Kunstmuseum zu schließen, trafen kürzlich auf wütende Proteste der Ruhrgebietsmuseen.
1,2 Millionen Euro könnten mit der Schließung des Bochumer Museums, das unter anderem ein Malewitsch-Konvolut und Werke von Expressionisten beherbergt, eingespart werden. Dass Museumschef Hans Günter Golinski während seiner Ansprache beim Neujahrsempfang des Hauses einen Schwächeanfall erlitt, trug noch zur Dramatik bei.
„Ich glaube nicht, dass irgendein Museum irgendeinen Stadthaushalt sanieren könnte“, sagt Volker Rodekamp, der Präsident des Deutschen Museumsbundes. „Aber die Zeiten, in denen die Museen sich darauf verlassen konnten, unantastbar zu sein, sind vorbei.“
Noch ist im Fall Bochum nichts entschieden. Immer wieder sorgen aber Spardebatten in der Kultur für Schlagzeilen und öffentliche Proteste. Das könnte auch gewollt sein. Denn durch öffentlichen Widerstand werden Kürzungspläne bisweilen auch wieder aufgegeben. So wird etwa das Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr auf Beschluss der Politik nun doch weiter von der Stadt finanziert.
Museen können nach Ansicht von Rodekamp nur einen „überaus geringen Beitrag“ zur Konsolidierung von Haushalten leisten. Allerdings sieht er den derzeitigen „Museumsboom“ kritisch. Die Zahl der Museen steige, während die Bevölkerungszahl sinke. Schon jetzt seien es an die 7000 in Deutschland. Es gebe Untersuchungen, wonach Ende dieses Jahrhunderts ein Museum auf etwa 2000 Bürger komme. Das sei nicht mehr zu vertreten.
„Deswegen denken wir nicht mehr darüber nach, wie wir mehr Museen bekommen, sondern wie wir bessere Museen machen“, sagt Rodekamp, der Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig ist. Zum Beispiel seien die Sammlungen vor allen in kulturhistorischen Museen viel zu groß. „Jetzt bersten die Magazine.“ Weder Forschung noch konservatorische Arbeit seien so zu sichern.
Rodekamp sieht ein Ungleichgewicht zwischen den Kunstmuseen und anderen Sparten. Es habe nur den Anschein, als hätten Kunstmuseen den größten Andrang. Die großen Besucherströme flössen vor allem in naturkundliche Museen, die Erlebnisse böten, wie etwa das Ozeaneum in Stralsund. Dagegen profilierten sich Kunstmuseen stark über teuer inszenierte thematische Großausstellungen.
Im Bereich der Museen des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) zog es 2011 etwa jeden zweiten Besucher in den Archäologischen Park Xanten mit dem Römermuseum. Allein 630 000 Besucher zählten die Xantener Grabungsstätten, während das Max-Ernst-Museum in Brühl auf rund 45 000 Besucher kam. In Bochum besuchen rund 50 000 Menschen jährlich das Kunstmuseum.
Aber auch die Besuchermagneten müssen sparen. Im Gesamthaushalt des LVR macht die Kultur nach Angaben einer Sprecherin zwei Prozent aus. Das sind rund 70 Millionen Euro, von denen rund 1,4 Millionen eingespart werden müssen. Ausstellungen sollen länger laufen oder kleiner werden, der Austausch mit anderen Museen soll intensiviert werden.
Wenn aber Gerüchte über den Verkauf von Sammlungsstücken zum Stopfen von Haushaltslöchern die Runde machen, dann ist Protest garantiert. So war es in Hagen. Angeblich soll dort der Verkauf eines Großgemäldes des derzeit auf dem Kunstmarkt hochgehandelten Jugendstilmalers Ferdinand Hodler aus der Hohenhof-Villa erwogen worden sein. Dies dementiert der städtische Pressesprecher Thomas Bleicher entschieden. „Das Bild wird nicht verkauft, und das stand auch nie im Raum.“ Allerdings habe das Auktionshaus Christie's eine Anfrage an die Stadt gestellt. Und dabei wurden 10 Millionen Euro ins Spiel gebracht.
„Grundsätzlich halten wir Sammlungen in öffentlicher Hand für unantastbar“, sagt Rodekamp. Die Idee, öffentlichen Kunstbesitz zu privatisieren, um Geld in die Kassen zu spülen, sei außerordentlich bedenklich. „Langfristig würde das lediglich zum Ausverkauf der Kultur in den Städten führen.“