Absurde Anarchie in der Backstube
Frische Brötchen zu Pfingsten gegen staatliche Regulierungswut
Habe ich am Montag meinem netten Bäcker beim Gesetzesbruch geholfen? Scheint so. Denn die Landesregierung NRW hat im April zusammen mit anderen Änderungen beim Ladenöffnungsgesetz festgelegt, dass Bäcker und Floristen am Pfingstsonntag öffnen dürfen, am Pfingstmontag aber nicht mehr. Also genau andersherum als bisher. Was viele brave Bäcker offenbar nicht mitbekommen haben. Sie machten am Montag ihre Kunden mit leckeren Brötchen glücklich — und riskierten somit ein Bußgeld von bis zu 5000 Euro.
Auch wenn dem Vernehmen nach die Ordnungsbehörden ihre Notizblöcke meist stecken ließen, ist die Frage erlaubt, ob solche Bestimmungen, die auch letzte Details festlegen, wirklich den Interessen von Verbrauchern und Beschäftigten dienen. Sie wirken eher wie Regulierungswut mit widersinnigen Auswüchsen. Denn was Montag zu heftigen Diskussionen führte, sind Absonderlichkeiten: Das gleiche Brötchen, das beim Bäcker ein Backwerk des Anstoßes war, durfte an der Tankstelle oder am Bahnhof legal verkauft werden. Dann ist es Reisebedarf. Für Blumen gilt übrigens Vergleichbares — und das künftig außer an Pfingsten auch zu Weihnachten und Ostern. Auch wenn der Bäcker nur sogenannte „feine Backwaren“ — also zum Beispiel süße Brötchen — anbot, war das am Montag in Ordnung.
Die Bäcker, die illegal den Ofen anwarfen, haben wohl meist unwissentlich ein wenig Anarchie geprobt. Doch ist das schlimm? Nein. Die Politik sollte sich hingegen überlegen, ob es nicht wirklich Wichtiges zu reglementieren gibt — und welch sinnvollere Aufgaben sie für die Ordnungskräfte hat. Es genügt, wenn sie Rahmenbedingungen vorgibt. Einzelheiten sollte sie lieber dem freien Wettbewerb überlassen. Der regelt die besser als Theoretiker im Landtag.
Zusätzlich zeigt die feiertägliche Versorgungsposse die Nachteile allzu föderaler Strukturen in Deutschland. Denn je nach Bundesland gelten andere Ladenöffnungszeiten am Sonntag, aber auch andere in den Abendstunden — oder andere Nichtraucher-Regelungen. Das begreifen schon wir Deutsche kaum. Ausländer, die durchaus bereit sind, sich auf hiesige Gepflogenheiten einzustellen, verwirrt man total. Und das im 21. Jahrhundert. Das ist absurd.