Meinung Bayer in den Händen der US-Justiz

Meinung | Düsseldorf · Für Bayer ist die Monsanto-Übernahme zu einem Drama geworden – und es gibt wenig Aussicht auf ein Happy End. Zwei millionenschwere Prozesse um den umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat hat Bayer in den USA bereits verloren.

Foto: Sergej Lepke

Jetzt hat eine US-Jury einem an Krebs erkrankten US-Rentnerpaar sagenhafte 1,8 Milliarden Euro Schadenersatz zugesprochen. Selbst wenn diese Summe erfahrungsgemäß später noch reduziert wird, bleiben diese Fakten: bislang drei verlorene Prozesse, alle Jurys stellen einen Zusammenhang zwischen dem glyphosathaltigen Monsanto-Mittel Roundup und Krebs her, mehr als 13 400 weitere Klagen – Bayer hat das Heft des Handelns nicht mehr in der Hand.

Argumente spielen nämlich kaum noch eine Rolle in diesem Drama. Etwa, dass die US-Umweltbehörde EPA erst Anfang Mai Glyphosat als „nicht krebserregend“ einstufte. Dass einige der erkrankten Kläger Risikofaktoren und Vorerkrankungen aufweisen. Es geht vielmehr um Emotionen. Genau deshalb kann Bayer kaum noch gewinnen. Der Konzern hat in seiner Verteidigungsstrategie auf Studien und Forschungsergebnisse gesetzt, sachlich und nüchtern argumentiert, hat das Verhalten Monsantos verteidigt – und damit die Stimmung und die Prozessrisiken in den USA vollkommen unterschätzt. Ein fataler Fehler.

Niemand kann derzeit seriös prognostizieren, wie lange sich die Prozesse noch hinziehen, wie teuer es wird und wie viele Glyphosat-Klagen noch auf Bayer zurollen. Zudem weiß niemand, welche weiteren Sprengsätze bei Monsanto noch verborgen liegen. Der Bayer-Vorstand kannte angeblich bis Ende vergangener Woche auch nicht die nun öffentlich gewordenen Listen mit Informationen über kritische Journalisten und Politiker, die das US-Unternehmen anlegen ließ.

Die Monsanto-Übernahme ist für den Bayer lebensbedrohlich geworden. Aus eigener Kraft kann der Vorstand das einst stolze Unternehmen kaum noch retten. Die Zukunft des Traditionskonzerns liegt nun in den Händen der US-Justiz.