Meinung Wieso es bei Thyssenkrupp fast nur Verlierer gibt
Meinung | Düsseldorf · Die Sanierung von Thyssenkrupp ist gescheitert – ein Desaster für das Unternehmen, Beschäftigte und die Landesregierung. Gejubelt wird nur an der Börse.
In Sachen Thyssenkrupp gibt es fast nur Verlierer. Zuerst und vor allem die Mitarbeiter. Sie hatten im Zuge der geplanten Stahlfusion mit dem indischen Konkurrenten Tata einen vorbildlichen Tarifvertrag ausgehandelt, der neben dem Verlust von Arbeitsplätzen für die Kernmannschaft eine Beschäftigungsgarantie bis 2026 und eine langfristige Sicherung der Standorte vorsah. Das gilt nicht mehr.
Jetzt sollen 6000 Stellen gestrichen werden, 4000 mehr als bisher geplant. Ohne Entlassungen wird das nicht möglich sein. Und viel spricht dafür, dass noch weit mehr Menschen ihren Job verlieren. Denn die Weiterentwicklung von Thyssenkrupp zum Technologiekonzern hat sich faktisch erledigt, weil das Zugpferd – die profitable Aufzugsparte – an die Börse geht. Was bleibt, ist eine Resterampe von Geschäftsfeldern, die aus eigener Kraft auf Dauer nicht bestehen können.
Zu den Verlierern zählt deshalb auch Konzernchef Guido Kerkhoff, dem die Sanierung des einst so stolzen Industriekonzerns misslungen ist. Weder die Stahlfusion noch die Aufspaltung in zwei eigenständige Unternehmen konnte er durchsetzen.
Ein Desaster ist diese Entwicklung auch für die NRW-Landesregierung. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat zwar immer für sich in Anspruch genommen, alles für den Erhalt eines der größten Industrieunternehmens des Landes zu tun. Aber offenkundig ist es ihm nicht gelungen, die widerstreitenden Interessen im Kreis der Aktionäre auszuräumen, obwohl er im Kuratorium der mächtigen Krupp-Stiftung Sitz und Stimme hat.
Durchgesetzt hat sich letztlich jene Gruppe, die aus Thyssenkrupp den maximalen Profit herausholen möchte. Allen voran der schwedische Finanzinvestor Cevian, der rund 18 Prozent der Anteile hält. Perspektivisch wird von Thyssenkrupp wohl nur die Aufzusparte bleiben, die schon heute mehr wert ist als der ganze übrige Konzern.
Mit dem Börsengang dieses Geschäftsfeldes stirbt die Idee, dass unter dem Dach des Konzerns die starken Teile der Gruppe die schwachen bei Bedarf stützen. Der Aktienkurs sprang am Freitag um sagenhafte 28 Prozent in die Höhe, womit klar ist, wer die Gewinner der jüngsten Entwicklung sind.
Angesichts des Niedergangs von Thyssenkrupp muss daran erinnert werden, dass weder Kerkhoff noch sein Vorgänger Heinrich Hiesinger die entscheidenden Fehler gemacht haben. Die seit Jahren desolate Verfassung des traditionsreichen Unternehmens hat vielmehr vor allem Ekkehard Schulz zu verantworten, unter dessen Führung Thyssenkrupp beim missratenen Bau eines Stahlwerks in Brasilien einen zweistelligen Milliardenbetrag verloren hat.