Griechenland Der letzte Versuch
Bundestag stimmt für Gespräche über drittes Hilfspaket
Zwei Parlamente, in Athen und Berlin, treffen unter großen Bauchschmerzen eine Entscheidung gegen die innere Überzeugung vieler ihrer Mitglieder. Sie werden dazu getrieben von zwei Regierungen, die diese Entscheidung in Wirklichkeit auch für falsch halten. Das gilt jedenfalls für Alexis Tsipras dort und Wolfgang Schäuble hier. Und dennoch werden noch einmal 86 Milliarden Euro in das griechische Fass ohne Boden gekippt. Es ist, sagt die Kanzlerin, der letzte Versuch.
Dass ein drittes Rettungspaket gegen alle früheren Versprechungen angestrebt wird, hat spezielle Gründe. Bei Tsipras ist es die Angst vor der Drachme und dem eigenen Volk. Angela Merkel treibt die Furcht vor einer politischen Dauerkrise Europas und die Sorge um den eigenen Ruf um. Scheitert die Eurorettung, ist auch ihr Nimbus gebrochen.
Das dritte Rettungspaket schafft nur Zeit, löst das griechische Problem aber nicht. Inzwischen ist dort ein Viertel der Menschen arbeitslos. Die Wirtschaft ist eingebrochen, das Kapital abgezogen, die soziale Lage desolat. Die Banken sind überschuldet, Politik und Verwaltung instabil. Es ist absurd zu glauben, mit noch härteren Reformen einen Aufschwung erzeugen zu können. Dafür ist es in Griechenland schon lange zu spät. Keine einzige Regierung hat es geschafft, ein Katasterwesen aufzubauen, Steuern einzutreiben, die Korruption zu bekämpfen. Griechenland ist ein besonderer Fall. Ein hoffnungsloser Fall.
Im deutschen Recht gibt es die Privatinsolvenz, die Befreiung eines Gescheiterten von seinen Schulden, wenn er sechs Jahre lang sein ganzes Einkommen und sein Vermögen abliefert, bis auf das Existenzminimum. Dahinter steckt die weise Einsicht, dass die Gemeinschaft mehr davon hat, jemandem einen Neuanfang zu ermöglichen, als ihn dauerhaft durchzufüttern und das geliehene Geld doch nicht zurückzubekommen.
Griechenland, in dem die Krise nun fünf Jahre andauert und das jetzt auch fast alles abliefern muss, steht nach diesem Maßstab vor der Umschuldung und dem Neuanfang. Vermutlich dauert es aber noch drei Jahre, weil das neue Programm bis 2018 reicht, kurz nach der Bundestagswahl. Dann jedoch wird der Grexit kommen.