Fall Mollath: Das Gespenst vom weiß-blauen Fehlurteil
Der Fall Gustl Mollath bewegt mittlerweile nicht nur Bayern.
Gustl Mollath kann mittlerweile das Prädikat für sich verbuchen, Deutschlands bekanntester Psychiatrie-Insasse zu sein. Was nur deshalb gut für ihn ist, weil die überwiegend erschrockene Öffentlichkeit jetzt — nachdem er bereits sieben Jahre weggesperrt ist — extrem sensibilisiert auf seinen komplizierten Fall schaut. Die Frage, ob er zurecht in der Psychiatrie sitzt, ist deshalb noch lange nicht beantwortet.
Und auch der Untersuchungsausschuss des Bayrischen Landtags, vor dem am Freitag die in der Kritik stehende Justizministerin des Freistaates, Beate Merk, aussagte, wird Gustl Mollath nicht die Freiheit schenken.
Denn dort wird nicht seine Schuld oder Unschuld geklärt, sondern primär die in einem weiß-blauen Doppelwahljahr — es geht um Land- und Bundestag — brisante Frage, ob die Justiz in dem Verfahren Fehler gemacht hat, für die die Ministerin Mitverantwortung trüge. Beate Merk zog sich leidlich aus der Affäre, zeigte wie gewohnt nur selten Selbstzweifel, überraschte Beobachter aber immerhin mit etwas menschlicher Anteilnahme. Dennoch bleibt der Verdacht, dass sie sich ohne den immensen öffentlichen Druck nicht so schnell und weit bewegt hätte.
Immerhin hat die Staatsanwaltschaft mittlerweile die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Mollath beantragt und sogar die Ministerin am Freitag von der Möglichkeit eines Fehlurteils gesprochen. In der Tat scheint 2006, als Mollath wegen Gemeingefährlichkeit und eines „paranoiden Wahnsystems“ in eine geschlossene Anstalt eingewiesen wurde, einiges seltsam gelaufen zu sein.
Es gibt Zweifel an der Unabhängigkeit des Richters, ein entscheidendes ärztliches Attest lässt Fragen offen. Auch die These Mollaths und seiner Freunde, er sei Opfer eines Komplotts geworden, weil er eine Schwarzgeldaffäre, in die seine damalige Frau und einflussreiche Personen verwickelt gewesen seien, öffentlich machen wollte, wiegt schwer.
Dennoch ist es kein Skandal, dass Mollath weiterhin weggesperrt ist. Wegen des rechtskräftigen Urteils von 2006 ist das sogar logisch. Schwer verständlich ist hingegen, warum sich die Wiederaufnahme des Falls durch die bayrische Justiz, nachdem neue Erkenntnisse vorlagen, so lange hinzog und noch hinzieht. Denn falls Mollath siegt, war jeder Tag in der Anstalt ein Tag zu viel.