Christian Lindner in der Kritik Zurück in die Zukunft beim FDP-Parteitag

Meinung | Berlin · Auf Corona hat FDP-Chef Christian Lindner beim Parteitag in Berlin keine neuen Antworten gegeben. Sondern nur die alten.

Foto: k r o h n f o t o . d e

Also Steuersenkungen, weniger staatliche Bevormundung, weniger Bürokratie. Mehr individuelle und wirtschaftliche Freiheit. Mit der FDP zurück in die Zukunft.

Grundsätzlich ist eine wirtschaftsliberale Position wichtig, weil die Große Koalition das Geld gerade ausgibt als gäbe es kein Morgen mehr. Aber muss nicht die Erfahrung einer weltumspannenden Pandemie doch hier und da zu einer veränderten Sicht führen?

Zum Beispiel in der Steuerpolitik: Die Forderung nach Steuersenkung für die mittleren Schichten ist richtig, aber in Zeiten so großer finanzieller Herausforderungen und sozialer Nöte ist es falsch, nicht zugleich auch Großverdiener und superreiche Erben stärker heranzuziehen. Revidieren sollte die FDP wohl auch ihr liebevoll gepflegtes Bild vom bösen Staat und von der bremsenden „Bürokratie“.

Die Erfahrungen mit der Pandemie zeigen, dass es eher um einen besseren, also effektiveren Staat und um eine bessere Bürokratie gehen muss, statt nur um weniger. Oder beim Klimaschutz: Mit Appellen an die Vernunft, der Betonung individueller Freiheit und der Hoffnung auf technische Wunderlösungen wird die kommende Weltkrise so wenig zu bewältigen sein, wie die aktuelle. Die Menschheit muss auch verzichten lernen und vor allem solidarisch sein, um das zu bewältigen.

Die meisten Fragen, die Corona der Politik stellt, hat der FDP-Parteitag nicht einmal debattiert. Eigentlich ging es bei dem Treffen nur darum, ob der Vorsitzende immer noch fest im Sattel sitzt. Die Antwort: Er sitzt. Momentan. Aber das Fass des Unmuts über Christian Lindner, seine Selbstherrlichkeit und seinen gewissen Hang zum Chauvinismus hat sich auch in Berlin wieder um ein paar Tropfen gefüllt.