Meinung Jetzt dran bleiben im Libyen-Konflikt
Meinung · Nach dem überraschenden Erfolg der Berliner Libyen-Konferenz heißt es jetzt: Dranbleiben. Ein Friedensprozess kann an jedem Detail und an jedem Akteur scheitern. Ein Kommentar.
Angela Merkel und Heiko Maas sind keine professionellen Mediatoren, die man zur Lösung eines Zivilstreits engagieren kann und deren Job aufhört, sobald eine Einigung erreicht ist. Sondern sie sind Regierungsmitglieder der größten und wirtschaftlich stärksten europäischen Nation. Wenn es der gelingt, in einem der gefährlichsten Krisenherde der Region einen Friedensprozess anzustoßen, endet die Arbeit nicht, sie beginnt erst.
Nach dem überraschenden Erfolg der Berliner Libyen-Konferenz heißt es jetzt: Dranbleiben. Ein Friedensprozess kann an jedem Detail und an jedem Akteur scheitern. Deswegen sind die von Berlin angekündigten Folgetreffen auf Außenministerebene so wichtig. Dranbleiben gilt auch für UN, EU und Afrikanische Union. Die Konfliktparteien und ihre jeweiligen ausländischen Unterstützer mögen guten Willens sein, die Waffenruhe und das Waffenembargo einzuhalten. Glauben ist gut, Kontrolle ist besser. Dafür müssen die internationalen Organisationen nun schnell das Mandat erteilen.
Wenn das geschehen ist, stellt sich unverzüglich die Frage, wer diesen Job machen soll, der mit dem Einsatz von Militär verbunden ist, wenn auch passiv. Denn kein Waffenschiff stoppt vor einer Jolle und keine Schießerei hört auf, weil jemand mit einer Peace-Fahne wedelt. Es ist undenkbar, dass alle helfen, nur der Mediator Deutschland nicht. Manches Nein, das man schon jetzt in Berlin hört, ist nur noch reflexhaft. Hier geht es wahrlich nicht um den Zugriff auf Ölquellen, hier geht es darum, ein zweites Syrien in Europas Nachbarschaft zu verhindern. Wer selbst gegen eine Beteiligung an einem EU- oder UN-Einsatz in oder vor Libyen etwas hat, der will, dass Deutschland sich in ein außenpolitisches Schneckenhaus zurückzieht. Weil er selbst darin lebt. Dessen ständiger Ruf nach „mehr Diplomatie“ in internationalen Konflikten ist nicht sehr glaubhaft – und das Engagement für die in libyschen Lagern vegetierenden Flüchtlinge ebenfalls nicht.
Allerdings ist die Debatte über deutsche Bodentruppen in Libyen in der Tat zu früh, denn noch gibt es keinen dauerhaften Waffenstillstand, den es zu überwachen gelte. Doch das kann sich schnell ändern, und dann müssen alle, die „A“ zum Erfolg der Libyen-Konferenz gesagt haben, auch „B“ sagen - Bundeswehreinsatz.
Viel früher aber dürfte es um das Wiederaufleben einer internationalen Marine-Mission im Mittelmeer gehen, die erst im letzten Jahr beendet worden war, weil Italien quer schoss. Wo, wenn nicht vor der Küste Libyens soll das Waffenembargo überwacht werden? Deutschland, Italien und Europa insgesamt stehen dann allerdings wieder vor der Frage, wie sie mit den aus Seenot Geretteten umgehen sollen. Denn es bleibt dabei, dass nach internationalem Seerecht jedes Schiff zur Aufnahme Schiffbrüchiger verpflichtet ist. Auch an diesem Beispiel wird deutlich: Vor und in Libyen vermischen sich die Themen Friedenssicherung und Flüchtlinge untrennbar miteinander. Und zwingen alle Europäer zu handeln, statt nur zuzuschauen.