Meinung „Konversionstherapien“ - Besser spät als nie verbieten
Meinung · Noch in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war die Annahme weit verbreitet, dass Homosexualität eine psychische Verhaltensstörung sei, die sich mehr oder minder erfolgreich „wegtherapieren“ ließe. Man sollte meinen, dass diese Zeiten längst vorbei sind. Doch leider ist dem nicht so.
Besonders in bestimmten Glaubensgemeinschaften und fundamentalistischen Gruppen gilt die gleichgeschlechtliche Liebe als sündhafte Erkrankung, von der man sich heilen lassen müsse. Zwar ist unklar, in welchem Ausmaß diese sogenannten „Konversionstherapien“ bis heute praktiziert werden.
Doch selbst, wenn es sich „nur“ um etwa 1000 Fälle im Jahr handelt, wie Experten schätzen, dann sind das ganz klar 1000 Fälle zu viel. Nicht nur, weil die „Behandlung“ große seelische Qualen bis hin zu Selbstmordabsichten auslösen kann. In der seriösen Fachwelt ist es längst Allgemeingut, dass Homosexualität keine Krankheit und daher auch nicht therapiebedürftig ist. So hat der Weltärztebund bereits vor einigen Jahren die gesundheitlichen Gefahren durch solche Eingriffe beklagt.
Zu fragen bleibt deshalb schon, warum vor Jens Spahn noch kein Bundesgesundheitsminister eine Initiative auf den Weg brachte, um diesen esoterischen Methoden den Garaus zu machen. Aber besser spät als nie. Bis heute ist es offenbar auch möglich, dass „Konversionstherapien“ sogar über die gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden können. Stichwort Verhaltensauffälligkeit. Hier muss eine viel stärkere Abgrenzung erfolgen. Und hoffentlich wird auch das Bundesjustizministerium schnell wieder politisch handlungsfähig, nachdem Ressortchefin Katarina Barley von der SPD praktisch schon mit beiden Beinen im EU-Parlament steht. Denn mit ihrem Haus muss Spahn seinen geplanten Gesetzentwurf abstimmen. Eine Einigung in der Bundesregierung sollte jetzt zügig kommen.