Merkel erntet Zweifel, die sie selbst gesät hat
Die griechische Finanzkrise droht für Merkel zum PR-Desaster zu werden.
Die Schlagzeilen können der Kanzlerin nur recht sein, mehr noch - sie sind von ihr wohlkalkuliert. "Merkel erhöht den Druck auf Athen", heißt es zum Beispiel, oder: "Merkel lässt die Griechen zappeln."
Wenn die Bundeskanzlerin hier als Zuchtmeisterin auftritt, hat dies wenig mit der tatsächlichen Ausprägung der griechischen Sparmoral zu tun. Nein, Angela Merkel verfolgt damit vor allem innenpolitische Ziele. Viele Menschen im Land sind entsetzt, dass ausgerechnet "Madame No", die sich auf europäischer Ebene bis zuletzt so vehement gegen Hilfen für den verschuldeten Staat sträubte, in den nächsten Wochen Milliarden-Kredite auf den Weg bringen will.
Die griechische Finanzkrise droht für Merkel zum PR-Desaster zu werden. Ausgerechnet vor der Richtungswahl in Nordrhein-Westfalen kursieren immer neue Horror-Zahlen über das tatsächliche Ausmaß der Schulden-Katastrophe. Dabei unterschlagen Merkels politische Gegner gern das Wort Kredit, und so steht der Vorwurf im Raum: Für dieses Fass ohne Boden macht ihr leichtfertig Milliarden locker, aber die Zukunft der Kinder in Deutschland spart ihr kaputt.
Merkels demonstrative Härte gegenüber Athen ist ihre Rechtfertigung: Nein, lautet die Botschaft, der deutsche Staat hat kein Geld zu verschenken; er gewährt seine Kredite erst dann, wenn eine solide Grundlage für deren Rückzahlung geschaffen ist.
Merkel muss derzeit aber nicht nur beim Wähler um Glaubwürdigkeit werben. Damit in den kommenden Wochen eine gesetzliche Grundlage für Finanzhilfen geschaffen werden kann, muss sie erst einmal die Zweifel innerhalb der Regierungsfraktionen zerstreuen.
Wenn die Kanzlerin heute mit dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank vor die Parlamentarier tritt, dann deshalb, weil dieser ihr Argumentationshilfe geben soll. Zweifellos wird Jean-Claude Trichet eine bittere Wahrheit aussprechen, die besonnene Gemüter schon lange kennen: Wenn Griechenland keine keine Unterstützung von den Ländern Europas erhält, wird der Staat pleite gehen und die Währungsunion damit tief erschüttern.
Die Kanzlerin hätte es einfacher haben können. Durch ihre Blockade-Haltung in Brüssel hat sie erst die Zweifel an den Finanzhilfen gesät, die sie nun erntet.