Meinung Nicht mehr „spürbar anders“
"Einvernehmlich“ hätten der 1. FC Köln und Trainer Peter Stöger ihre Zusammenarbeit beendet, ließ der Tabellenletzte am Sonntag seine schon am Freitag gefallene Entscheidung verkünden. Aber sicher ist: Das Einvernehmen der Fans besteht nicht.
Sie verehren Stöger mit überwältigender Mehrheit weiterhin — zu Recht.
1635 Tage stehen nicht nur für die längste Amtszeit eines Trainers, die der FC je erlebt hat. Sie stehen auch für vier Jahre geerdeter Besonnenheit, solider Aufbauarbeit und sympathischer Aufrichtigkeit. Man konnte fast der Illusion erliegen, der Club, der viel zu lange in den viel zu großen Schuhen der Vergangenheit zwischen erster und zweiter Liga hin und her gestolpert war, sei auf Dauer genesen.
Dass sich die Kölner mit der Qualifikation für die Europa League in der vergangenen Saison etwas über Wert verkauft haben, ist so richtig wie der Hinweis, dass sie mit ihrem atemberaubenden Absturz in dieser Spielzeit weit unter Wert geblieben sind. Entscheidungs- und Verletzungspech, der unterschätzte Verkauf von Anthony Modeste und Fehler bei der Einkaufspolitik haben dazu beigetragen; Manager Jörg Schmadtke ist schon darüber gestolpert. Jetzt folgt mit Stöger Teil zwei des einstigen Erfolgs-Duos.
Aber wie viel Erfolg muss eigentlich sein, damit Vertrauen in schlechteren Phasen mal nicht nur scheibchenweise gewährt wird? Da wird dann gerne von den nötigen neuen Impulsen gefaselt, aber viel eher mehren sich beim FC gerade die Anzeichen, dass die ganz alten Zeiten zurückkehren: das öffentliche Gezänk um Horst Heldt, das vorzeitige Ausplaudern des Stöger-Abgangs, das ganze vermurkste Timing der Trennung.
Im Oktober hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, der FC-Slogan „Spürbar anders“ sei kein geschütztes geistiges Eigentum des Vereins. Nach diesem Wochenende ist man geneigt zu sagen: Der 1. FC Köln hat sich dem Urteil gebeugt — und wird spürbar gewöhnlich.