Meinung Obama ist gescheitert
Amerika ist nicht so gespalten, wie manche es darstellen, sagt US-Präsident Barack Obama als Reaktion auf die tödlichen Schüsse von Dallas und die eskalierende Gewalt in den USA. Den Polizistenmörder von Dallas nennt er einen „verrückten Einzeltäter“.
Es ist verständlich, dass der Präsident aus Furcht vor neuen Rassenunruhen beschwichtigend wirken möchte. Doch allein mit diesen Sätzen zeigt der erste schwarze US-Präsident, dass er am Ende seiner Amtszeit sein Land, seine Bürger nicht verstanden hat. Die Vereinigten Staaten von Amerika sind nach zwei Amtszeiten von Obama mehr denn je gespalten in Schwarz und Weiß.
Den Polizistenmorden von Dallas vorausgegangen waren zwei tödliche Polizeiattacken auf Schwarze innerhalb kurzer Zeit. Es folgten berechtige Proteste von Schwarzen und reflexartig betroffen klingende Sätze von Politikern. Schnell wären die Amerikaner wieder zur Tagesordnung übergegangen — wenn nicht die dramatische Tat von Dallas das Land aufgeschreckt hätte.
Damit rückt die notwendige Debatte über Polizeigewalt in den USA in den Hintergrund. Denn nach wie vor müssen Schwarze deutlich häufiger als Weiße damit rechnen, bei der kleinsten falschen Bewegung — etwa bei Polizeikontrollen — erschossen zu werden. Jetzt aber, nach Dallas, stehen die Opfer in Uniform im Fokus.
Das, was das aufgewühlte Land nun am dringendsten braucht, wird es vorerst nicht haben. Einen starken Präsidenten, der Perspektiven geben kann, der wirklich versöhnt, der die weiße und die schwarze Bevölkerung erreicht. In der Endphase seiner Amtszeit muss Obama erkennen, dass er daran gescheitert ist. Der Kampf ums Weiße Haus, der bald in die heiße Phase geht, dürfte noch mehr Öl ins Feuer gießen. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump wählte selbst Worte der Gewalt: „Ich könnte auf der 5th Avenue jemanden erschießen und würde keinen meiner Wähler verlieren.“ Vermutlich hat er recht. Die USA werden vorerst nicht zur Ruhe kommen.