Meinung Erbschaftssteuerreform verschoben: Fröhliche Ignoranz
In der Sache sind die Einwände der eher links regierten Bundesländer absolut berechtigt: Auch nach der Gesetzesreform werden Firmenerben steuerlich mit Samthandschuhen angefasst. Es bleiben ihnen Privilegien und Schlupfmöglichkeiten, die wenig mit der lobenswerten Absicht zu tun haben, die Fortführung der Betriebe zu sichern, aber viel mit schlichter Reichenförderung.
Der Alarmismus der Unternehmensverbände wirkt wie das Lamentieren von Stürmern nach einer Schwalbe.
Aber, und das ist die bei diesem Stand des Verfahrens einzig zählende Frage, was kann ein zeitraubendes Vermittlungsverfahren zwischen Bundesrat und Bundestag jetzt noch bringen? Nichts, denn der Kompromissspielraum ist zwischen Union und SPD, vor allem zwischen CSU und dem Rest der Großen Koalition, nach einem Jahr Beratung so ausgelutscht, wie ein Eisbecher, den drei Kinder bearbeitet haben. Zuletzt auf höchster Ebene der Parteivorsitzenden persönlich. Was sollen einfache Länderfinanzminister in einem Vermittlungsausschuss erreichen können, was die Chefs nicht konnten? Erreicht wird durch die neuerliche Verzögerung allerdings etwas anderes: Das Gericht hatte der Politik für die Neuregelung nur bis Ende Juni Zeit gegeben.
Diese Frist wird mit immer neuen Argumenten von immer neuen Akteuren fröhlich ignoriert. Erst vom Bundestag, jetzt von den Ländern. So schafft man ohne Not eine Phase der Rechtsunsicherheit für die Betroffenen, obwohl es doch Aufgabe des Gesetzgebers (dazu gehört auch der Bundesrat) ist, Rechtssicherheit herzustellen. Und schlimmer noch: Die Botschaft lautet "Was schert uns Karlsruhe". Es ist, siehe die verzögerte Reform des Wahlrechts, leider nicht das erste Mal.