Gleichwohl markieren diese spannenden Wochen eine Zeitenwende für die schwarz-gelbe Landesregierung: Privat vor Staat, die Melodie der ersten drei Jahre unter Rüttgers, ist eine Melodie von gestern.
Schwarz-Gelb am Rhein wollte die Blaupause für Berlin sein. Derzeit droht das Bündnis, zu einer Graupause zu verkommen. Vor allem die FDP wird massive Schwierigkeiten bekommen, zentrale Forderungen durchsetzen zu können. Ein schnelles Versilbern der WestLB-Anteile, ein rasches Durchpauken des liberalisierten Sparkassenrechts - das alles steht in diesen Tagen erneut in Frage.
Die FDP ist deshalb nervös, weiß sie doch, wie flexibel der selbsternannte Arbeiterführer Jürgen Rüttgers immer dann ist, wenn er die Chance sieht, sich als Sachwalter der Interessen der berühmten kleinen Leute zu profilieren. Der Schwarze Peter als unpopuläre Sparer und Privatisierer läge dann bei den Liberalen - eine unerfreuliche Aussicht mit Blick auf die Kommunal- und Bundestagswahl im kommenden Jahr.
Rüttgers und seine CDU müssen nun allerdings zeigen, dass sie auch in schwierigen Zeiten handlungsfähig sind. In den vergangenen Jahren regnete es Steuer-Milliarden, da ließ es sich gut regieren. Nun heißt es sparen, ohne die Wähler zu verprellen. Das ist eine weitaus schwierigere Übung; die CSU in Bayern oder auch Roland Koch in Hessen können davon ein Lied singen.
Der Traum vom ersten NRW-Etat ohne neue Schulden ist vorerst ausgeträumt, nun müssen andere Botschaften her. Doch die sind nicht in Sicht: Mehr Transparenz im Finanzmarkt und wirksame Regeln gegen Zockerei fordern derzeit alle, das reicht nicht für Rüttgers. Man darf auf seinen nächsten Vorstoß gespannt sein. Der kommt so sicher wie die nächste Wahl.