Meinung Schwebebahnausfall - Ein Schlag ins Kontor für Wuppertal
Meinung · Irgendwie schaffen die Wuppertaler es immer, auch schwierigste Phasen zu überstehen. Das war so, als die Hauptverkehrsachse für den Umbau des Döppersbergs, des Gebietes um den Hauptbahnhof, für drei Jahre gesperrt war, oder als die Schwebebahn über Jahre in den Schulferien wegen Umbaus Fahrpausen einlegte. Aber diesmal ist es anders.
Der neuerliche Absturz einer Stromschiene vom Gerüst der Schwebebahn trifft Wuppertal im verkehrsreichsten Monat des Jahres und obendrein in der für den darbenden Einzelhandel wichtigen Vorweihnachtszeit. Zwar ist noch nicht bekannt, wie lange das Wahrzeichen stillstehen wird, aber auf einige Wochen werden sich die Wuppertaler einstellen müssen. So war es schon 2013, als an anderer Stelle das gleiche Unglück geschah. Dass wieder kein Mensch zu Schaden gekommen ist, steht auf der Habenseite der Unfallbilanz und ist auch dem Umstand zu verdanken, dass die Bahn nicht ohne Fahrer unterwegs ist. Daran wird sich zumindest mit dem aktuellen Betriebssystem auch nichts ändern. Auf der Sollseite stehen einige Fragen.
Wie ist es möglich, dass Schienenteile von einem Gerüst fallen, das seit 1995 über einen Zeitraum von 20 Jahren Strebe für Strebe, Niet für Niet zum Preis von gut 500 Millionen Euro vollständig erneuert wurde? Wie kann es sein, dass fünf Jahre nach einem so dramatischen Zwischenfall an einer anderen Stelle der gleiche Schaden eintritt? Angesichts dessen, was in der Folge alles hätte geschehen können, ist die Frage nach Haftung und Gewährleistung fast schon nachrangig.
Wuppertal und die Stadtwerke als Betreiber des Öffentlichen Personennahverkehrs sind auf die Schwebebahn angewiesen. Sie befördert jeden Tag bis zu 85.000 Menschen über die Talachse. Was es bedeutet, wenn dieses wohl nützlichste Wahrzeichen der Welt seinen Dienst nicht verrichten kann, werden Wuppertaler und Besucher in den nächsten Wochen in langen Staus und überfüllten Ersatzbussen erleben.
Schon deshalb muss es Aufgabe und Ziel der Stadtwerke sein, den Unfall schnell und lückenlos aufzuklären. Es geht nicht nur um den zu Recht tadellosen Ruf eines ungewöhnlich sicheren Verkehrsmittels, es geht um die Funktionalität einer der größten Städte Nordrhein-Westfalens. Und es geht auch um die Rolle im künftigen Verkehrskonzept Wuppertals. Schließlich haben die Stadtwerke mit Hilfe von Bund und Land auch deshalb für mehr als 130 Millionen Euro 31 neue Wagen angeschafft, um die Taktzeiten von zweieinhalb auf zwei Minuten verkürzen zu können. Das Ziel ist, dass mehr Menschen die Bahn nutzen und gleichzeitig weniger mit ihren Autos die Straßen verstopfen. Mit den nun zwei abgestürzten Stromschienen drängt sich die Frage auf, ob das Gerüst mehr Fahrten überhaupt verträgt.