Überwachung durch Arbeitgeber: Eine verbotene Grenzüberschreitung
Krankfeiern und die Gegenmittel des Arbeitgebers
Im TV-Krimi ist es einfach. Da nimmt der Zuschauer die Perspektive des Detektivs ein. Und hat Verständnis, dass der sympathische Schnüffler, heiße er nun Wilsberg oder Matula, in Wohnungen einbricht, in Akten blättert, Wanzen installiert oder sonstige Grenzen überschreitet. Es geht ja gegen das Böse.
Und ist nicht auch der krankfeiernde Arbeitnehmer böse? Der Blaumacher, der die Krankheit vortäuscht und so den Arbeitgeber hintergeht? Auch hier müsste man doch Verständnis für den Arbeitgeber und den in seinem Auftrag arbeitenden Detektiv haben. Warum soll er einen solchen Betrug hinnehmen? Er muss sich doch wehren dürfen.
Die Frage ist nur: mit welchen Mitteln. Dass er ein ärztliches Attest verlangt, persönlich einen „Krankenbesuch“ versucht, gegebenenfalls den medizinischen Dienst der Krankenkassen einschaltet oder auch einen Detektiv beobachten lässt — all das muss ihm zugestanden sein. Wobei ihm die Aussage des Detektivs, er habe den Arbeitnehmer beim Spaziergang oder Einkaufen „erwischt“, meist nichts nützen wird. Solche Aktivitäten sind auch einem Kranken nicht verboten.
Die Videoüberwachung aber ist ein schwerwiegender Eingriff. Schon am Arbeitsplatz kann so etwas nur in Ausnahmefällen erlaubt sein — etwa im Falle von Überwachungskameras, die vor Ladendiebstahl schützen sollen. Doch hier weiß der Arbeitnehmer, dass er ins Blickfeld der Kamera gerät. Eine heimliche Videoüberwachung, und dann auch noch außerhalb des Arbeitsumfelds, ist dagegen ein viel weiter gehender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. Werden solche Videoaufnahmen zu Zwecken der Ausforschung gemacht, so steht ja gar nicht fest, dass der Mitarbeiter betrogen hat. Sehr wohl bedeutet ein solcher Akt aber, dass der Arbeitgeber seinerseits rechtliche Grenzen überschreitet.
Dass dieses Verhalten nicht Schule machen kann, dafür hat das Bundesarbeitsgericht gestern zu Recht gesorgt. Denn das finanzielle Risiko solcher Maßnahmen dürfte Arbeitgebern in Zukunft zu hoch sein. Müssen sie doch nicht nur den Detektiv und mögliche Anwalts- und Gerichtskosten bezahlen, sondern auch mit einer Schmerzensgeldklage des Beobachteten rechnen.