Meinung Wir wollen keine wehrlosen Opfer sein
Werden ein paar Hühner aus einem Stall zum Schlachten abgeholt, gibt es eine große Aufregung, die sich aber schnell legt. Bis die Tür sich wieder öffnet. Gegenüber dem Terror reagieren unsere offenen Gesellschaften im Prinzip nicht anders.
Man vergisst bald, sucht wieder den Alltag, regt sich am Flughafen über Kontrollen auf. Und politisch gibt es den Reflex, auch jetzt nach Paris wieder, dass man den Terroristen nicht auf den Leim gehen dürfe durch Gesetzesverschärfungen und weniger innere Liberalität. Dass hierzulande ein so großer Anschlag bisher nicht passiert ist, ist auch purer Zufall gewesen, der morgen schon beendet sein kann. Und dann diskutiert man plötzlich ganz anders.
Die islamistischen Terroristen befinden sich mit allen Andersdenkenden in einer Art Weltkrieg. Und sie werden alle denkbaren Waffen und Methoden anwenden, die sie bekommen können. Sie scheren sich nicht um die Auswahl ihrer Ziele und auch nicht um ihr eigenes Leben. Sie spielen Gott und sind Teufel.
Diese Bedrohung wird nicht aufhören, auch dann nicht, wenn es gelingen sollte, den Kern des IS in Syrien zu zerstören. Da bleiben noch genug Tollwütige übrig oder folgen nach, in Afrika, aber auch in den Vorstädten Europas.
Deshalb reden wir über eine dauerhafte Aufgabe der Staatengemeinschaft. Deutschland muss sich einbringen — militärisch, finanziell, organisatorisch, politisch. Es gibt keinen Grund für Zurückhaltung, auch nicht bei Angriffen auf den IS. Und wir reden über eine Verstärkung der inneren Sicherheit. Die entsprechenden Organe müssen alles bekommen, was sie für die Terrorabwehr brauchen. Personal, Technik, Handlungsfreiheit. Das gilt für die Geheimdienste, das gilt für die Polizei, das gilt für die Bundeswehr, das gilt für die Kooperation zwischen ihnen, und das gilt für den internationalen Austausch von Daten. Gegen die Angst, dass da ein Staat im Staate heranwachsen könnte, kann ein Mehr an parlamentarischer Kontrolle helfen.
Und es gibt noch ein Drittes: Gegenüber den Sympathisanten und Predigern des Terrorismus muss jede Toleranz zu Ende sein. Strafbarkeit, Vereinsverbote, Ausweisung — wo immer nötig, sollte man hier die Gesetze und ihren Vollzug verschärfen. Wir wollen keine wehrlosen Opfer sein. Nicht im Restaurant, nicht im Konzert, nicht im Stadion. Nirgendwo.