Meinung Die Wirtschaft und der ausgeglichene Bundeshaushalt - Nullnummer für die Konjunktur

Meinung | Berlin · Die GroKo positioniert sich weiterhin als Gralshüter der „schwarzen Null“, jedoch wohl eher aus persönlichen Gründen, denn für die Konjunktur wären Investionen zur Zeit sehr wichtig.

Wegen der Konjunkturflaute sehen sich viele Industrieunternehmen gezwungen, auf Kurzarbeit zu setzen.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Noch ist die Kauflaune in Deutschland ungetrübt. Noch floriert die Konjunktur deshalb bemerkenswert gut. Auf der anderen Seite häufen sich allerdings auch die schlechten Nachrichten: Die Industrieproduktion schwächelt, die erfolgsverwöhnte Automobilbranche steckt tief im Umbruch, und am Arbeitsmarkt ist ebenfalls nicht mehr alles Gold, was glänzt. In vielen Betrieben werden Arbeitszeitkonten abgebaut, Zeitarbeiter werden entlassen. Von den dunklen Wolken am globalen Wirtschaftshimmel gar nicht erst zu reden.

Jeder dieser Faktoren für sich genommen bedeutet noch keine handfeste Krise. Aber die Mischung verheißt nichts Gutes. Denn wenn es stimmt, dass Wirtschaft zur Hälfte Psychologie ist, dann kann die kollektive Kauflaune auch schnell in allgemeine Verunsicherung umschlagen. Leider ist die Bundesregierung in dieser Situation kein Stimmungsaufheller. Anstatt zum Beispiel ernsthaft über rasche Entlastungen für Unternehmen und breite Arbeitnehmerschichten nachzudenken, die ohnehin schon länger überfällig sind, angesichts des schleichenden Abschwunges aber nun erst recht, gefällt sich die Große Koalition als Gralshüter der „schwarzen Null“. Die CDU will den völligen Verzicht auf neue Schulden demnächst sogar mit einem Parteitagsbeschluss adeln. Und Olaf Scholz, der Bundeskassenwart von der SPD, macht auch keine Anstalten, gegenzusteuern. Wohl aus Sorge, dass es dann wieder heißt, die „Sozen“ könnten nicht mit Geld umgehen. Doch das ist Unsinn. Der Staat bekommt sogar noch Geld drauf, wenn er sich welches borgt. Darauf verweisen mittlerweile auch die führenden Wirtschaftsforscher des Landes. Und die sind nun wirklich aller sozialistischen Umtriebe unverdächtig.

Besonders bei der Infrastruktur und im Bildungswesen ist der Investitionsbedarf immens. Hier könnte die Bundesregierung auch psychologisch wichtige Akzente setzen. Die „schwarze Null“ begünstigt eher noch eine mögliche Krise. Deshalb wirkt sie mittlerweile wie aus der Zeit gefallen.