Meinung Zur neuen digitalen Welt gehört auch der Lehrer

Es ist gar nicht so sehr die digitale Ausstattung von Schulen in dieser Republik, die den Fortschritt in der digitalen Bildung von Schülern verhindert. Die TIMSS-Studie hat erst vor wenigen Tagen aufgezeigt, dass Deutschland bei der digitalen Lehrerbildung Schlusslicht ist.

Foto: Sergej Lepke

Nur 1,5 Prozent der befragten Lehrer in Deutschland besuchen demnach entsprechende Seminare. Im EU-Schnitt sind es 29,3 Prozent der Befragten, in Hongkong, Polen oder Russland (die annähernd bei 70 Prozent liegen) laufen die Dinge offenbar grundsätzlich zielstrebiger.

Das ist die erste Erkenntnis: Digitale Möglichkeiten bedingen also nicht automatisch digitale Realität in deutschen Schulen. Lehrer können sich zwar zahlreich fortbilden, müssen das aber zumeist in ihrer Freizeit machen. Keine Pflicht, kein Zwang. Alles kann, nichts muss. Wer es ernst nimmt mit der digitalen Aufholjagd, muss das zuerst ändern. Denn was bringt es, wenn am Ende die Schüler den Lehrer fortbilden, weil beide in ganz verschiedenen digitalen Welten leben (dürfen)?

Das zu ändern, kostet Geld. Wie auch der Ausbau der digitalen Infrastruktur an Schulen kostet. Schlecht ist, dass dieses Geld noch immer nicht in erwähnenswertem Maße geflossen ist. Bildungsministerin Johanna Wankas (CDU) Finanztopf für die Länder zur digitalen Schuloffensive soll erst Anfang 2018 geöffnet werden. Dazwischen liegt eine Bundestagswahl. Und wenn Frau Wanka dann nicht mehr Bildungsministerin sein sollte, werden die Dinge wohl neu zu verhandeln sein. Diese Republik sollte sich daran gewöhnen, des Öfteren Beschleunigungsgesetze auf den Weg zu bringen in einer beschleunigten und zunehmend eben auch digitalen Welt. Andernfalls wird man immer öfter erleben, was jetzt der Fall ist: Deutschland Letzter, Europas Herzkammer schwächelt in Sachen Bildung — obwohl die bei jeder Gelegenheit zurecht als wichtigster Treiber für Zukunftsfähigkeit ausgerufen wird.

Dazu gehört, individuellen Lernfortschritt etwa durch Nutzen von Smartphone oder Tablet zu ermöglichen. Verständlich, dass Lehrer derzeit noch schnell darauf verzichten, wenn der Schüler am Handy zuerst seine gesammelten Whatsapp-Nachrichten liest, um sich dann um Klingeltöne zu kümmern. Es braucht klare Konzepte zur Nutzung solcher Geräte: kontrollierbar, einheitlich, am Ende selbstverständlich. Das auf den Weg zu bringen, ist Aufgabe von guter Schulpolitik, die sich veränderten Verhältnissen stellt. Denn in der Schule beginnt der Wettbewerb.