Wie ist es mit einem Liebesphantom auf der Bühne zu stehen?
Interview „Die eigenen Träume zulassen“
Anja Kruse steht aktuell im Theater am Dom bei der Komödie „Kennst Du mich noch?“ auf der Bühne. Im Interview mit unserer Zeitung spricht sie über das Stück, die Liebe und ihre Beziehung zu Köln.
Anja Kruse: Bei einer Komödie muss immer alles auf den Punkt kommen – die Pointen müssen genauso perfekt sitzen wie das gesamte Timing. Das klappt mit Sascha Wussow als Kollegen sehr gut. Wir kennen uns schon ewig und er ist das wohl attraktivste Phantom, das man sich vorstellen kann. Es macht viel Spaß, mit ihm gemeinsam auf der Bühne zu stehen. Ich kenne ihn und seine Familie noch aus meiner Wiener Zeit, da sind wir uns oft begegnet. Für mich waren die Wussows in Wien so etwas wie meine Familie.
Was macht den Reiz Ihrer Rolle in „Kennst Du mich noch?“ aus?
Kruse: Der Reiz liegt darin, mal etwas ganz anderes zu machen. Es ist ein Stück, das mit der Fantasie der Leute spielt. Es appelliert an das Publikum, die eignen Träume zuzulassen. Man muss sich nicht dafür schämen, wenn man sich im Bett jemanden anderes vorstellt und so sein eigenes Phantom schafft. Viele Menschen haben Angst vor der eigenen Fantasie. Wir geben ihnen mit der Komödie einen kleinen Schubs in die richtige Richtung und machen ihnen etwas Mut. Mein Lieblingssatz im Stück stammt nicht vom Autor sondern von unserem Regisseur René Heinersdorff: „Die größte Chance, die Fantasie zu besiegen ist, wenn sie Realität wird - die Frage ist allerdings, ob man das will!“
Welche Rolle spielt die Fantasie für die Liebe?
Kruse: Die Fantasie ist sehr wichtig für die Liebe. Im Idealfall gehen beide Partner in die gleiche Richtung. Im Stück hat sich die Beziehung des Ehepaares totgelaufen und die Liebe ist dem Alltag gewichen. Da kann ein Schäufelchen Fantasie nicht schaden, um den Karren wieder ans Laufen zu bringen und die Romantik zurückzuholen. Sie macht das im Stück durch ihre Träume, er denkt, dass eine Reise nach Mallorca die Lösung bringt.
Was kann man sonst tun, wenn die Liebe dem Alltag gewichen ist?
Kruse: Man sollte miteinander sprechen und für nette kleine Überraschungen sorgen. Da helfen kleine Geschenke oder ein liebevoll gekochtes Essen schon weiter. Wenig Sinn macht es, den anderen eifersüchtig zu machen. Der Schuss kann nach hinten losgeht, wie man bei uns auf der Bühne sehen kann.
Wie ist bei Ihnen das Verhältnis von Theater und Film bzw. Fernsehen?
Kruse: Vor vielen Jahren hatten Film und Fernsehen bei meiner Arbeit klar die Überhand. Mir hat damals die Bühne sehr gefehlt. Inzwischen hat sich das aber gedreht und ich bin sehr zufrieden damit. Auf der Bühne schätze ich die direkten Reaktionen des Publikums. Man spürt genau, wie das, was man dort macht und sagt, ein unmittelbares Feedback hervorruft. Die Zuschauer sind da für uns Schauspieler wie ein großer Spiegel. Das fehlt mir immer bei Dreharbeiten.
Sie waren Teil großer Serien wie die „Schwarzwaldklinik“ oder das „Forsthaus Falkenau“.
Kruse: Das war eine Zeit, in der man oft auf der Straße angesprochen worden ist, weil die Serien auch sehr prominent gelaufen sind. Bei der „Schwarzwaldklinik“ war ich stolz, da haben wir Fernsehgeschichte geschrieben. Ich habe damals die Rolle, der Totkranken auch gut gespielt, das war eine echte Herausforderung. Beim „Forsthaus Falkenau“ konnten die Zuschauer ihren Alltag ausblenden. Wir haben ihnen mit der Serie Freude bereiten. Und bei der Serie mit Hansi Hinterseer hatte ich eine geniale Rolle und durfte so schön böse sein. Froh bin ich, dass mich die Leute nie nur auf die Rolle reduziert haben – sie haben auch die Schauspielerin dahinter erkannt.
Warum gibt es solche Serien heute nicht mehr?
Kruse: Weil heute in diesem Bereich alles aus Amerika kommt. Ich schaue sehr gerne Serien aber meist bei Netflix oder Amazon, weil ich mich nicht zum Sklaven von festen Sendezeiten machen möchte.
Wie gut kennen Sie das Theater am Dom?
Kruse: Da war ich Ende der 90er das erste Mal mit „Ein ungleiches Paar“ im Theater am Dom. Danach stand ich mit Christian Wolff bei „Wenn der Kuckuck dreimal ruft“ dort auf der Bühne und dann 2015 noch einmal bei „Der Vorname“- Ich mag an diesem Theater, dass die Bühne mitten im Raum steht. Das macht das Spielen dort sehr charmant.
Wie gut kennen Sie Köln?
Kruse: Ich habe schon viel von der Stadt gesehen. Ich bin gerne mit dem Rad am Rhein unterwegs und mache Sport in zwei Studios. Das ist oft so anstrengend, dass man den Rest vom Tag nur noch rumhängt. Aber ich habe vor, mich hier noch mit Freunden und Kollegen aus früheren Zeiten zu treffen. Die Zeit geht schon rum, dafür sorgen auch meine zwei Katzen, die mit nach Köln gekommen sind.