Düsseldorfer Mottowagen 2024 Von Scholz, Putin und Trump bis hin zur AfD
Düsseldorf · 13 Mottowagen sind am Rosenmontag durch Düsseldorf gezogen worden. Erst am Sonntag wurde der Trump-Ukraine-Wagen fertig.
Die Welt ist verrückt geworden. Diesen Eindruck kann man bekommen, wenn man die diesjährigen Mottowagen im Düsseldorfer Rosenmontagszug anschaut. Noch immer versucht Wladimir Putin, die Ukraine zu vertilgen, die US-Republikaner in Gestalt von Donald Trump setzen zum Todesstoß für das überfallene Land an, die Hamas schiebt die eigene Bevölkerung als Schutzschild vor israelische Panzer – und der Kanzler ist ein Hohlkopf, jedenfalls in der Lesart von Wagenbaumeister Jacques Tilly. Wir lachen, aber nicht wenige werden dabei einen Kloß im Hals haben.
Aber der Reihe nach. Es geht mit etwas Positivem los. Es gibt ein Dankeschön an Feuerwehrleute, Sanitäter und Polizisten, ohne die ja auch ein Rosenmontagszug gar nicht möglich wäre. Sie werden tagtäglich von Wutbürgern attackiert, Betrunkenen, aber auch von Jugendlichen. Seit gut 40 Jahren baut Tilly die Wagen des närrischen Umzugs, aber diese so grundsätzliche Geste sollte angesichts von fast 80.000 Attacken auf Einsatzkräfte allein 2022 jetzt einfach einmal sein. „Sie verdienen Dank und Respekt“ steht deswegen auf dem Wagen. Schon um kurz vor 9 Uhr bekam Tilly gestern die erste Dankesmail für diesen Wagen – von einem Feuerwehrmann.
Der Putin-Wagen fuhr
2022 durch Frankfurt
Zum grausam-aggressiven Klassiker entwickelt sich der Gierhals aus Russland: Tilly zeigt Wladimir Putin, wie er den Mund aufreißt und versucht, die Ukraine in seinen Schlund zu zwängen. Aufschrift: „Erstick dran!!!“ 2022 wurde der Wagen gebaut und er ging auch auf Tour durch die Stadt, obgleich der Rosenmontagszug damals wegen Corona ausfiel. Im vorigen Jahr war der Wagen in Frankfurt zu sehen, in Düsseldorf dagegen ein Putin, der in einer Badewanne sitzt und sich mit dem Blut unschuldiger Ukrainer schrubbt. Nun zieht der Gierhals wieder durch Düsseldorf und Tilly hat dazu folgenden Kommentar aufgebracht: „Zwei Jahre alt – aber leider noch immer aktuell“.
Tilly will diesen Wagen fahren lassen, solange der Krieg andauert. Der russische Präsident wird damit der am meisten karikierte Herrscher im Düsseldorfer Zug. So wie im letzten kommt er auch dieses Jahr gleich zwei Mal vor. Bei Motiv Nummer zwei kniet der Diktator im Military-Outfit auf dem Boden und hat die Hände um den Kopf des russischen Patriarchen gelegt, der liebedienerisch zwischen den Beinen des Despoten zugange ist. „From Russia With Love“ heißt es dazu. Starker Tobak. Tilly brandmarkt die unheilige Allianz zwischen Altar und Thron sowie den in Russland praktizierten Schwulenhass.
Schlimm genug, dass ein berühmt-berüchtigter Putin-Versteher aus Übersee aus aktuellen Gründen ebenfalls zweimal im Zug zu zweifelhaften Ehren kommt. Schon vor seiner Wahl zum Präsidenten schrieb Tilly Donald Trump auf die Tolle: „Make Fascism great again“. Er ließ ihn die Miss Liberty aufspießen und vergewaltigen. Jetzt, da der rechte Populist wieder ins Weiße Haus einziehen könnte, schnibbelt sich der designierte Präsidentschaftskandidat im Düsseldorfer Rosenmontagszug aus der US-Nationalflagge eine Hakenkreuzfahne. Tilly ist überzeugt, dass Trump die Demokratie mit ihren eigenen Mitteln abschaffen will. Trump ist es auch, der als Machthaber der US-Republikaner auf einem anderen Wagen von hinten einen ukrainischen Soldaten mit einem Speer durchbohrt – der drohende Entzug finanzieller Unterstützung für das überfallene Land ist in den Augen Tillys nichts Passives, sondern ein Gewaltakt.
Brutalität bestimmt auch Nahost. Der Wagen dazu zeigt einen Hamas-Kämpfer, der eine palästinensische Familie vor einen israelischen Panzer schiebt. So stehen die Menschen zwischen zwei Kräften, die unerbittlich sind und auf Kosten der Zivilisten alles wollen.
In dieser Welt der Kriege und wachsender Unordnung ist Olaf Scholz der deutsche Bundeskanzler, der am Rosenmontag in Düsseldorf „Hohlaf“ Scholz heißt und auch so aussieht. Sein Schädel ist zum großen Teil hohl. Der Wagenbauer sieht in dem SPD-Mann eine glatte Fehlbesetzung, das sagt er schon lange. Scholz halte sich für den Größten und meine, er habe die Übersicht. Das Grinsen suggeriere Überlegenheit, die aber gar nicht vorhanden sei. Scholz sei zu klein für den Job, er arbeite wie ein kleiner Beamter, meint Tilly. „Keine Initiative, keine Vision, gar nichts kommt.“ Deutschland brauche aber eine starke Persönlichkeit, die Europa zusammenhalte.
Die innenpolitischen Themen sind - glücklicherweise – weniger dramatisch. Da stöhnen die Krankenhäuser unter einem Kostenblock und dem Herrn Minister Lauterbach. Oberbürgermeister Stephan Keller, den Fuß auf einem grünen Frosch, tiriliert aus voller Brust „Eine Milliarde für die Oooper!“ in Richtung der hüftstarken Tante SPD, die mit ebenso hochrotem Kopf dagegenhält: „Nuuur gegen Woooohnungbauuu!“ Und Kellers Vorgänger Thomas Geisel stapft als Sahras neuer Wagenknecht hinter der roten Königin her und trägt ihre Schleppe.
Dann aber das Großthema der letzten Wochen, die Deportationsfantasien von Rechtsextremisten, auch solcher von AfD oder Werteunion: Ein entsetzt dreinblickender Clown enttarnt hinter einer AfD-Maske den mumifizierten, aber immer noch lebendigen Adolf Hitler. Ein erfreulicher Lichtblick sind die Großdemonstrationen gegen diese abscheulichen Erwägungen. Im Rosenmontagszug destilliert Tilly diesen Auftstand der Mitte in das Bild einer überlegenen Schwarmintelligenz: Ein kleiner Raubfisch schwimmt mit dem Spruch „Wir sind das Volk!“ vorneweg, dahinter ein viel größerer, aus vielen Fischen gebildeter freundlich dreinblickender Fisch, der das Maul aufreißt und den kleinen Aggressor gleich verschlingt. Denn: „Wir sind mehr!“
Die aktuelle Politik drängt ein Großthema an den Rand, das mit Bränden, Stürmen und Überschwemmungen dennoch immer wieder und unerbittlich Aufmerksamkeit verlangt. Dass 2023 das heißteste Jahr seit dem Beginn der Aufzeichnungen war, darauf weist ein Flammen-Drache einen Kameramann hin, der sich allein auf Kriege fokussiert.