Eine todtraurige Liebe im nuklearen Winter

Puccinis „Madama Butterfly“ feiert Premiere in einer bestens besetzten Neuinszenierung.

Foto: Hans-Jörg Michel

Glanzvolle Auftritte, ein tief romantisches Liebesduett und ostasiatische Exotik gehören zu den Ingredienzien einer der schönsten italienischen Opern des späten 19. Jahrhunderts: „Madama Butterfly“ von Giacomo Puccini. Zugleich ist das Werk todtraurig, geht es doch um das Schicksal eines liebenden Herzens, das zum amourösen Spielball gemacht wird.

Im Düsseldorfer Opernhaus ist die „Butterfly“ nun in einer Neuinszenierung zu erleben. Regisseur Juan Anton Rechi lädt den Zuschauer zunächst ein in eine gediegen-prachtvolle Säulenhalle des amerikanischen Konsulats in Nagasaki. Dort begegnen sich Cio-Cio San — „Butterfly“ — und ihr Bräutigam Leutnant Pinkerton. Bis dahin scheint die Welt in Ordnung — vor allem für die geschmückte Butterfly, die nicht ahnt, dass Pinkerton die Heirat nur als erotisches Intermezzo betrachtet.

Sekunden bevor sich der Vorhang nach dem Ersten Akt inklusive Liebesszene schließt, hört man das Röhren von Militärflugzeugen, gefolgt von einem Atomblitz und Zerbröseln der Säulen. Hier nahm der Regisseur den Spielort Nagasaki, über dem Amerikaner am Ende des Zweiten Weltkriegs eine Atombombe abwarfen, als Steilvorlage für die szenische Dramatisierung. In Zeiten wieder aufflammender Konflikte zwischen Atommächten ein durchaus aktueller Bezug. Und zum Sujet passt das Bild auch, denn nach dem Fortgang Pinkertons erlebt die scheinbar vorübergehend verlassene, aber auf Rückkehr ihres Gatten hoffende Cio-Cio San ihren emotionalen nuklearen Winter.

Tenor Zoran Todorovich verbreitet in der Rolle des uniformierten Pinkerton mit blonder Perücke den großspurigen Charme eines Donald Trump. Auch stimmlich gibt er den Prahlhans. Genügend Metall hat Todorovich dafür in der Stimme, wirkt an dem Abend allerdings nicht gerade gut disponiert. Hohe Töne geraten scharf und erreichen auch nicht immer so ganz die Intonations-Zielmarke. Belcanto ist das nicht mehr. Umso schöner singt Sopranistin Liana Aleksanyan die Titelpartie. Die Sängerin verfügt über ein üppiges Stimmmaterial, sichere Höhen und eine elegante Gesangstechnik. Auch darstellerisch besitzt sie ein ansehnliches Reservoir an Expressivität. Man nimmt ihr die Gefühle ab, wenn sie zwischen den Steinhaufen des zerstörten Botschaftsgebäudes umherirrt und auf einem kleinen hölzernen Aussichtturm die zerfledderte amerikanische Fahne schwenkt.

Bestens besetzt sind auch die mittleren Partien: Die schwedische Mezzosopranistin Emma Sventelius singt und spielt Butterflys Dienerin Suzuki absolut hinreißend. Und der rumänische Bariton Bogdan Baciu, der einst im Opernstudio angefangen hat, bringt als Konsul so viel vokale Wärme ein, dass man sich schon wünscht, er werde der Bräutigam der Butterfly.

Die von dem italienischen Dirigenten Antonino Fogliani geleiteten Düsseldorfer Symphoniker erzeugen im Orchestergraben einen satten, aber auch fein nuancierten Puccini-Klang. Subtil gestalten die Streicher die Musik zur Liebesszene, während die Blechbläser an den hymnischen Stellen sanft, aber kraftvoll ihre Klänge erzeugen. Eine insgesamt packende Produktion mit guten musikalischen Leistungen und lebendiger Personenregie.