Düsseldorf Der Himmel auf Italienisch
Puccinis Messa di Gloria und Boitos Prolog aus „Mefistofele“ erklangen unter der Leitung von Wolfgang Abendroth in der Johanneskirche.
Düsseldorf. Italienische Romantiker lieben zuweilen sakrales Pathos. Geistliche Innigkeit findet man bei ihnen selten. Man trägt das religiöse Herz sozusagen auf der Zunge. Die Messa di Gloria des noch ganz jungen Giacomo Puccini gehört zu den Vertonungen des katholischen Messetextes, deren extrovertierte Art die Gospel-Messe vorwegzunehmen scheint. Nun erklang das melodiöse, größtenteils fröhlich gestimmte Werk für Soli, Chor und Orchester in der Johanneskirche. Die Leitung hatte der dort hauptamtliche Kantor Wolfgang Abendroth.
Düsseldorfer Kirchen erweisen sich oft als Dependancen von Tonhalle und Opernhaus. Besonders häufig wird die Johanneskirche zu Konzertsaal oder Opernbühne, und der Zuspruch des Publikums ist — wie auch jetzt wieder — beträchtlich. Die fußläufige Nähe zur Rheinoper machte den Weg für zwei Ensemblemitglieder nicht weit: Tenor Sergei Khomov und Bariton Dmitri Vargin übernahmen die Solopartien. Johanneskantorei und Chöre der Akademie für Chor und Musiktheater an der Johanneskirche (Einstudierung: Justine Wanat) wurden begleitet vom Folkwang Kammerorchester Essen.
Dirigent Wolfgang Abendroth erwies sich wieder einmal als umsichtiger Koordinator und inspirierter Interpret. Er fürchtete sich nicht vor dem Fortissimo und gebot den Blechbläser wenig Einhalt, ohne freilich lärmende Lautstärke zuzulassen. Der opernartige Charakter des Stücks kam vital zum Ausdruck, was auch Verdienst der Sänger ist. Eine Passage aus dem Gloria-Teil schmetterte Tenor Khomov wie eine Opernarie. Das Gloria gelang insgesamt so mitreißend, dass nach der Fuge „Cum Sancto Spiritu“ kräftiger Zwischenapplaus einsetzte.
So weltlich und theatralisch die Puccini-Messe daher kommt, so erhaben und kirchlich wirkt doch der „Prolog in cielo“ — „Prolog im Himmel“ aus der Oper „Mefistofele“ von Arrigo Boito, obwohl er dieses Stück explizit für die Opernbühne geschrieben hat. Boito, bekannt auch als Librettist der späten Verdi-Opern „Otello“ und „Falstaff“, vertont hier die Wette um Fausts Seele, die der böse Geist Mephisto mit dem lieben Gott eingeht. Mephisto, verkörpert von Bariton Dmitri Vargin, der mit dunkler Sonnenbrille auf der Kirchenkanzel erscheint, und einen etwas karikaturhaften Teufel darstellt.
Musikalisch spektakulär sind die Himmelsfanfaren, die drei Blechbläser (Trompete, Posaune und Horn) von der Empore aus erschallen lassen. Die Cherubim (Engel) werden vom Kinderchor gesungen. Boito komponierte eindrucksvolle Steigerungen, vor allem am Szenenschluss, wo Trommelwirbel eingesetzt werden. Chor und Orchester zelebrierten diesen Abschluss mit viel Sinn für die starke dramaturgische Wirkung. Kein Wunder, dass der Applaus abermals heftig aufbrandete.