Sammlung Fotograf der Düsseldorfer Kunstszene

Lothar Wolleh hielt die Zero-Szene in perfekten Aufnahmen fest. Jetzt kommt eine ganze Sammlung als Geschenk ins Museum Kunstpalast.

Foto: Lothar Wolleh © Estate Lothar Wolleh, Berlin

Düsseldorf. Lothar Wolleh (1930 bis 1979) gilt als einer der genialsten und ungewöhnlichsten Porträtfotografen der 1960er und 1970er Jahre. Er war besessen von seiner Aufgabe, eine fotobiografische Sammlung zeitgenössischer Kunst anzulegen. Seine Fotos waren Totalaufnahmen, die die Bildhauer, Maler und Objektgestalter der Zeit nicht nur ablichteten, sondern interpretierten. Jetzt hat der Düsseldorfer Kunstsammler Günther Drenker seine 21-teilige Fotoserie der Künstlerporträts dem Museum Kunstpalast geschenkt. Am Donnerstag wird Kulturdezernent Hans-Georg Lohe dem Kulturausschuss die Annahme der Schenkung empfehlen.

Wollehs Freund Günther Uecker schildert den Fotokünstler als „aufdringlich, verwegen und unwiderstehlich.“ Sein Geld verdiente Wolleh mit der Werbefotografie, um es für die Kunstfotografie auszugeben. Er reiste durch die Welt, hielt Künstler aus neun Ländern mit der Kamera fest und bat die Abgebildeten zugleich, ihm auf sein jeweiliges Foto ein Bild zu setzen. Er hatte die tollsten Ideen, machte mit Joseph Beuys ein Unterwasserbuch, fuhr mit Heinz Mack in die Wüste, mit Günther Uecker während des Vietnam-Kriegs nach Laos und ging auch mit Charles Wilp auf Tour. Nur sich selbst porträtierte er nie.

Seine Fotos zeigen Graubner im Nebel, Kienholz als Adam mit Feigenblatt, Palermo als Eckensteher. Beuys steht 1971 wie ein Magier mit langem Mantel in Raum 20 der Kunstakademie. Heute hängt ein übergroßer Abzug in der Joseph-Beuys-Schule.

Dennoch war er kein Tausendsassa. Er hatte eine schreckliche Jugend hinter sich, musste als Kindsoldat seine Heimatstadt Berlin verteidigen und wurde 1950 von der sowjetischen Besatzungsmacht wegen angeblicher Spionage-Tätigkeit für sechs Jahre ins sibirische Straflager Workuta am Eismeer interniert, wo er unter Tage Erz abbauen musste. Vielleicht atmete er deshalb so auf, als er sich 1962 in Düsseldorf als freischaffender Fotograf niederließ und ein geniales Dokument der jungen Düsseldorfer Kunstszene schuf.

Wolleh war ein Könner der Kamerakunst. Er hatte 1956 bis 1957 im Lette-Verein, der berühmten Berufsfachschule für Fotografie, gelernt und sich 1959 an der Folkwang-Schule bei Otto Steinert eingeschrieben.

In Düsseldorf blühte die Szene auf, mit Fontana, Uecker, Piene, Mack, Luther, Dieter Roth und Ferdinand Kriwet. Wolleh war ein Gleichgesinnter — und ein Bildschöpfer. Seine Aufnahmen sollten Prototypen des jeweiligen Modells sein. Sie sind von bewundernswerter Strenge, kühl in der Distanz, allesamt in quadratischem Format und mit schwarzem Negativrand. Da war nichts geschummelt, nichts getrickst. Sein letztes Motiv war Henry Moore in London. Wenige Stunden später starb er, vermutlich an einem Asthma-Anfall. Er wurde nur 49 Jahre alt.

Das Besondere der Schenkung an das Kunstmuseum ist, dass es sich um Leinwand-Abzüge handelt, von denen es jeweils höchstens zwei bis drei Exemplare gibt. Einige wurden von den Künstlern überarbeitet, was zusätzlich noch den Wert steigert.

Wollehs Fotos werden gerade parallel zum Zero-Boom wiederentdeckt. Die treibende Kraft ist sein Sohn Oliver, der endlich dessen Nachlass geordnet hat. Er war 14 Jahre alt, als sein Vater starb. In Düsseldorf hat Stephan von Wiese, der einstige Leiter der modernen Abteilung und Begründer des Archivs der Rheinischen Fotografie, die ersten Fotos angekauft, bevor die Preise ansteigen. Nun kommt das Konvolut als willkommene Ergänzung hinzu.