Närrisches Comeback im Überblick Karneval in NRW: Tausende feiern in Düsseldorf, Köln und Co.

Düsseldorf/Köln · Der Karneval feiert 2023 in NRW sein Comeback. An Altweiber blieb es zunächst vergleichsweise ruhig – dennoch kam es zu Einsätzen in der Region. Der Überblick.

Düsseldorf: Die Weiber warten vor dem Rathaus, um es um 11.11 Uhr zu stürmen. Weiberfastnacht in den rheinischen Karnevalshochburgen, hier in Düsseldorf. Mit dem Tag beginnt traditionell der Straßenkarneval. Erstmals seit drei Jahren gelten dabei keinerlei Corona-Beschränkungen mehr.

Foto: dpa/Christoph Reichwein

In Krefeld ist es zu einem Vorfall mit Reizgas in einer Straßenbahn gekommen. Acht Menschen wurden gesichtet, eine Person in ein Krankenhaus gebracht, erklärte ein Sprecher der Feuerwehr in Krefeld unserer Redaktion. Nach ersten Angaben der Polizei in Krefeld könnte es sich um eine

gehandelt haben. In Krefeld war Altweiber bis zum Abend vergleichsweise ruhig verlaufen, erklärten Feuerwehr und Polizei weiter.

In Köln soll ein 29 Jahre alter Neusser am Steuer eines gemieteten Opels unter Drogeneinfluss mehrere Verkehrsunfälle verursacht haben. Gegen 15.50 Uhr war der Astra-Fahrer beim vergeblichen Versuch, Polizeikräften zu entkommen, mit einem Verkehrsschild kollidiert und hatte sich leichte Unfallverletzungen zugezogen. Polizisten fixierten den Mann, nahmen ihn in Gewahrsam und stellten seinen Ersatz-Führerschein sicher. Aufgrund von Hinweisen auf Drogenkonsum ließen ihm die Beamten in einer Klinik eine Blutprobe entnehmen.

Friedlich und freudig verliefen auch in Kostenpflichtiger Inhalt Wuppertal und Krefeld Rathaus-Erstürmungen.

Karneval 2023 in Düsseldorf: Tausende Menschen feiern – Retter geben zunächst Entwarnung

Karneval in NRW 2023 - Die schönsten Bilder aus der Region
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Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Befürchtet wurde im Vorfeld der Altweiberfeierlichkeiten, dass es zu höheren Einsatzzahlen kommen könnte. Dies schien sich zunächst nicht zu bewahrheiten. Tausende Menschen feierten nach den Angaben der Feuerwehr in Düsseldorf in der Altstadt. Bis 15 Uhr seien 206 Einsätze (2020 204) aufgenommen worden:

„Der Sanitätsdienst hatte bis 15 Uhr in den Unfallhilfsstellen 21 (2020: 64) Karnevalisten versorgt, 11 (2020: 24) davon mussten zur weiteren Behandlung in Krankenhäuser gebracht werden. Herz-Kreislauf-Probleme und übermäßiger Alkoholkonsum waren die häufigsten Ursachen. Bislang musste 4 (2020: 4) Minderjährige wegen zu starken Alkoholgenuss medizinisch versorgt werden. Bis zum jetzigen Zeitpunkt gab es einen Verletzten (2020: 0) durch Glasbruch im Altstadtbereich“, teilten die Einsatzkräfte weiter mit. 192 Notfalleinsätze (2020: 191) und Krankentransporte entfielen nach den Angaben auf den Rettungsdienst.

Karneval in Kempen 2023: Lange Schlangen vor dem Festzelt

Lange Schlangen standen schon früh am Vormittag vor dem Festzelt am Buttermarkt in Kempen. Kostümierte Jecken von der Polizistin bis zur Brausetablette zahlten am Eingang fürs Bändchen fünf Euro, um anschließend bei dem Altweibertreiben richtig feucht-fröhlich zu Karnevalsklassikern und fetten Bassbeats abzufeiern. „Rot und blau - Kempen helau“ schallte es dann aus allen Kehlen in dem fast vollbesetzten Festzelt, als Prinz Thomas I. mit dem Fanfarencorps Blau Weiß-Kempen und seiner Garde einzog. „Das ist Karneval pur“, rief er aus, nachdem er sich unter das Jeckenvolk zum Schunkeln gemischt hatte.  „Kurze Zeit danach erlebte Bürgermeister Christoph Dellmans seine Entmachtung. „Drei Jahre ist es her, dass das Rathaus zuletzt in Frauenhand war. Wir finden, das ist viel zu lang“, entriss ihm Obermöhne Birgit Heidrich den Schlüssel und übernahm für den Tag die Regentschaft.  „Dann bringen wir den Laden hier mal ordentlich auf Trab.“ Dellmans kündigte derweil an, für den Rathaussturm am Sonntag gewappnet zu sein - um dann im Kreise der Karnevalisten mitzufeiern. Ob der als „Thronfolger" verkleidete Bennet Gielen wirklich sein Rathaus-Nachfolger wird, diese Assoziation blieb jedem selbst überlassen.

Karneval in NRW 2023: Zülpicher Viertel in Köln abgesperrt

Wegen zu großen Andrangs von Feiernden zu Beginn des Straßenkarnevals hat die Stadt Köln am Donnerstag das Zülpicher Viertel gesperrt. Feiernde wurden aufgerufen, Ausweichflächen zu nutzen. Das Studentenviertel mit seinen Bars und Kneipen übt im Karneval seit langem eine große Anziehungskraft vor allem auf junge Leute aus.

Die Stadt hatte in Köln vorsorglich 550 Mobiltoiletten, 140 Urinale, 20 Urinalrinnen und elf Toilettenwagen aufgestellt. Ordnungsamtschefin Athene Hammerich drohte: „Wildes Urinieren wird der Ordnungsdienst konsequent ahnden.“ Schon am Mittag wurde das Studentenviertel rund um die Ausgehmeile Zülpicher Straße wegen Überfüllung abgeriegelt. Manche Jugendliche benötigten nach Polizei-Angaben schon mittags ärztliche Hilfe, weil sie „sehr viel Alkohol in sich reingeschüttet“ hatten.

Polizeipräsident Falk Schnabel sagte jedoch, die Situation sei nicht vergleichbar mit dem 11.11. Beim Karnevalsauftakt im November war kritisiert worden, dass es an den Zugängen zu gefährlichem Gedränge gekommen sei.

„Das Wetter stimmt, die Stimmung stimmt, die Leute haben Lust, wieder gemeinsam etwas zu erleben, was wir zwei Jahre lang nicht konnten - und da gibt es viel Nachholbedarf“, sagte der Kölner Karnevalspräsident Christoph Kuckelkorn.

Karneval 2023 in NRW: Tausende feiern in Köln, Düsseldorf und Co.

Der Karneval feiert sein Comeback: In den Hochburgen des närrischen Frohsinns hat der Straßenkarneval begonnen - erstmals wieder ohne Corona-Auflagen. In Köln ließ das Dreigestirn aus Prinz, Bauer und Jungfrau am Donnerstag die „Jecken“ los. In Düsseldorf nahmen die „Möhnen“ den Bürgermeister gefangen. In Bonn griffen die Waschweiber an. Diese Tradition geht auf eine frühe Frauenbewegung zurück: Die Beueler Wäscherinnen wehrten sich im 19. Jahrhundert gegen das Patriarchat, die Dominanz der Männer und die damit verbundene Ausbeutung der Frauen.

Vor allem in Köln wurden viele Zehntausende Feiernde von auswärts erwartet. Die Polizei war dort mit mehr als 2000 Beamtem im Einsatz. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) kündigte an, dass die Polizei gegen Belästigungen und Übergriffe konsequent vorgehen werde: „Jeder sollte wissen, wann es genug Kölsch gewesen sind.“

Reul sagte, es sei dieses Jahr sicher ein besonderer Karneval: Krieg, Inflation und Geldsorgen würden viele Menschen belasten. „Umso wichtiger finde ich, dass es diese Tage gibt, an denen man mal für einige Stunden abschalten und die Sorgen beiseitelegen kann“, sagte Reul dem „Stadt-Anzeiger“. Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker rief zu großzügiger Hilfe für die Opfer des Erdbebens in der Türkei und in Syrien auf. „Stehen wir zusammen - über Grenzen hinweg!“, appellierte die parteilose Politikerin.

In Köln hatte es am 11.11. zu Beginn der neuen Karnevalssession bereits einen Riesenansturm gegeben. Diesmal hatte die Stadt unter anderem 550 Mobiltoiletten, 140 Urinale, 20 Urinalrinnen und 11 Toilettenwagen aufgestellt. Ordnungsamtschefin Athene Hammerich drohte: „Wildes Urinieren wird der Ordnungsdienst konsequent ahnden.“

Karneval 2023: Möhnen stürmen Rathaus in Düsseldorf

Der Straßenkarneval hat in Düsseldorf am Donnerstag traditionell mit dem Sturm auf das Rathaus durch närrische Frauen begonnen. Zuvor hatten sich bereits gut Tausend Jecken auf dem Platz davor versammelt. Oberbürgermeister Stephan Keller erwartete die „Möhnen“ als zotteliger Hippie im Schafspelz auf dem Rathausbalkon.

„Zwei Jahre hattet ihr Ruhe vor uns, aber heute ist Frauenpower angesagt. Wir wollen die Macht“, rief Venetia Uasa Maisch. „Wir schneiden euch die Krawatten ab. Es geht euch an den Kragen. Wir wollen rein.“

Doch der Oberbürgermeister ließ die „Möhnen“, wie die närrischen Frauen in Düsseldorf heißen, zappeln. Erst mit zwei Minuten Verspätung hatte der Ansturm Erfolg: Um 11.13 Uhr flog die historische blaue Rathaustür auf und die Närrinnen enterten die kommunale Machtzentrale. „Zwei Jahre hattet ihr Ruhe vor uns, aber heute ist Frauenpower angesagt“, rief die Karnevalsprinzessin „Venetia“ Uasa Maisch.

Die Venetia ist die weibliche Hälfte des Prinzenpaares, also die Karnevalsprinzessin. Der Begriff soll auf die Frau von Jan Wellem zurückgehen, die zwischen 1669 und 1719 regelmäßig ein Venezianisches Fest zugunsten der Armen gab.

Die ursprüngliche Bedeutung des Karnevals aus dem Mittelalter besteht darin, die Welt für einige Tage auf den Kopf zu stellen und die Rollen zu tauschen: Nonnen durften sich danebenbenehmen, Knechte ihre Herren ausschimpfen. Große Teile Deutschlands erwiesen sich jedoch als nicht karnevalisierbar - und das ist so geblieben: Umfragen zeigen immer wieder, dass das närrische Treiben die Mehrheit der Menschen kalt lässt.

Karneval 2023 in NRW: Viele Jugendliche in Köln laut Polizei schon früh alkoholisiert

Zu Beginn des Straßenkarnevals an Weiberfastnacht waren am Donnerstagmittag in Köln nach Polizei-Angaben schon viele Jugendliche stark alkoholisiert. Es sei so, „dass sehr viele Jugendliche sehr viel Alkohol in sich reingeschüttet haben“, sagte ein Polizeisprecher. Manche hätten ärztliche Hilfe benötigt.

„Der eine oder andere hat die Party durch den Seiteneingang jetzt schon verlassen. Im Grunde genommen gibt es viele, die relativ schnell harte Getränke in sich reinkippen, und dann merkt man, dass um die Mittagszeit für den einen oder anderen schon schnell Schluss ist.“ Es habe auch schon einige Auseinandersetzungen mit blutender Lippe gegeben. Nun müsse man abwarten, wie sich die Dinge weiter entwickelten, „wenn der Alkohol noch weiter seinen Tribut fordert“.

(dpa/aflo/pasch)