Endspurt beim Einzug ins Urbanum
Am Montag haben die 100 Mitarbeiter von erlebe fernreisen ihren ersten Arbeitstag in Krefeld. Es ist noch viel zu tun.
Krefeld. Charlotte Heldt, sonst Spezialistin für Europareisen, schleppt einen Umzugskarton an seinen rechten Fleck. IT-Experte Dominik Schlepper und Jana Wohlgemuth, eigentlich zuständig für Online-Marketing und Reisespezialistin für Südamerika, stehen vor den Einzelteilen eines Sessels, den sie noch zusammenbauen müssen. Für einen Blick durch die riesigen Panoramfenster auf den Platz An der alten Synagoge haben sie keine Zeit. Auch Ralf Wiemann, Geschäftsführer der erlebe fernreisen GmbH, muss noch zahlreiche Einzelteile von Möbeln und Lampen aus zwei Dutzend frisch gelieferten Kartons holen und zusammensetzen. Der 52-Jährige ist noch „etwas pessimistisch“ was den laufenden Umzug vom bisherigen Standort in Weeze angeht.
Für kommenden Montag sind alle 100 Mitarbeiter des Online-Reiseveranstalters an ihren neuen Arbeitsplatz eingeladen — tatsächlich eingeladen, denn zunächst gibt es in der dann hoffentlich fertig eingerichteten Lounge ein Willkommensfrühstück. Wenn es später an die Schreibtische geht, die gestern, heute und morgen vom ehemaligen Standort in Weeze nach Krefeld gebracht wurden und werden, finden die Männer und Frauen dort ein Willkommenspaket. Neben „ein paar Nettigkeiten“, wie Wiemann es ausdrückt, steckt darin auch ein Übersichtsplan.
Denn das Unternehmen nutzt drei Etagen inklusive zwei Terrassen im Urbanum, dem ehemaligen Knuffmann-Haus im Karree zwischen Peters-, Dreikönigen-, Loh- und Marktstraße. Noch bevölkern Handwerker fast alle Räume im ersten bis dritten Geschoss. Umzugshelfer liefern Stühle im ersten Stock ab, Küchenbauer hantieren an einer Spülmaschine für eine der zahlreichen Teeküchen, Elektriker verlegen im zweiten Stock Kabel auf Brücken unter den hohen Decken des Altbaus mit schmuck verzierten Stahlträgern und Kappendecken. Im dritten wird schon gesaugt.
In der ersten Etage stehen einige Schreibtische für die zehnköpfige Testgruppe inklusive Geschäftsführer, die vor zwei Wochen umgezogen ist, „um unter anderem die Technik sicherzustellen“. Gemeint ist zum Beispiel das WLan, das alle Mitarbeiter nutzen, um mit ihren Laptops im Haus mobil sein zu können. Beispielsweise, um sich mit verschiedenen Teams zu treffen oder einfach mal in einem der Think-Tanks arbeiten zu können, die es auf allen Etagen gibt.
Von nach stressiger Fließbandarbeit klingenden „Denkfabriken“, wie Think-Tanks auch genannt werden, haben diese durch Glasfronten angenehm lichtdurchfluteten Räume nichts. Auf dem wie eine grüne Wiese wirkenden langflorigen Teppich — der auch seinen gewollten lärmschluckenden Effekt hat — lässt es sich bestimmt kreativ sein.
Und das ist, was bei Ralf Wiemann, der seit April 2013 Geschäftsführer ist, eigentlich ständig mitschwingt, wenn er über die Einrichtungspläne spricht: wie wichtig es ihm ist, dass sich die Mitarbeiter der Europa-, Afrika-, Asien-, Südamerika-, Transatlantik- oder Ozeamerika-Reiseteams wohl fühlen und dann auch einfallsreiche Ergebnisse erzielen.
Nicht nur beim Grün des Teppichs durften die Beschäftigten deshalb mitbestimmen. Schon an der Auswahl des neuen Standorts waren sie beteiligt. Noch jetzt ist Wiemann begeistert davon, „wie sich die Krefelder Wirtschaftsförderung dabei engagiert hat“. Sie hatte die komplette Belegschaft unter anderem bei zwei Stadtrundfahrten durch die Seidenstadt kutschiert, um ihr Arbeiten und Wohnen in Krefeld schmackhaft zu machen.
Vom Land in die Stadt wollte das Unternehmen unter anderem, „um besser Fachkräfte zu finden“. Dass der Plan aufgeht, spürt Wiemann schon. „Die Rekrutierung läuft besser. In den vergangenen Monaten haben wir 15 neue Leute eingestellt“, erzählt der gelernte Bankkaufmann und studierte Touristikbetriebswirt, der zuvor bei Gebeco Dr. Tigges in Kiel arbeitete. Auf seinem Zehn-Jahres-Plan stehen 45 Millionen Euro Umsatz statt bisher 35 Millionen Euro und 120 statt 100 Mitarbeiter. Für dieses Wachstum wäre die alte Schule in Weeze zu klein und durch die Klassenraum-Aufteilung nicht geeignet gewesen. „Da war teamübergreifendes Arbeiten eine Herausforderung“, so Wiemann.
Jetzt ist alles auf den gemieteten 1850 Quadratmetern so offen gestaltet, wie es nur geht. Runtergelassene Decken wurden entfernt. Wo Wände nicht weichen durften, sollen eingelassene mannshohe Glasscheiben freie Sicht schaffen.