Diebstahl, Körperverletzung und Co. Gewalt im Schulalltag: Immer mehr Kinder gelten in Krefeld als strafverdächtig
Krefeld · Gewalt im Schulalltag stellt laut Krefelder Jugendhilfe ein Problem für viele Schulen dar. Ein neuer Bericht zeigt: Die Zahl der Strafverdächtigen bei Kindern steigt deutlich.
Gewalt im Schulalltag stellt laut Krefelder Jugendhilfe ein Problem für viele Schulen dar. Ob Untereinander durch Konflikte in Klassenchats, die im realen Leben auf dem Schulhof oder dem Heimweg ausgetragen werden. Oder auch durch grobe Sachbeschädigung. Wie aktuell bekannt geworden an der Robert-Jungk-Gesamtschule, die bereits vor den Sommerferien wegen schwerer Vandalismusschäden und sogar Drogenhandel Schließzeiten für die Schultoiletten eingeführt hat (wie die WZ berichtete). Oftmals sei den Kindern gar nicht bewusst, was strafrechtlich belangt werden kann. Zumal die Strafmündigkeit erst mit Vollendung des 14. Lebensjahres einsetzt. Die Polizei Krefeld hat gemeinsam mit dem Fachbereich Jugendhilfe solche „Strafunmündigen“ im Blick. Der Leitspruch heißt: „Frühe Hilfen statt späte Strafen“. Der ist in Krisenzeiten wichtiger denn je. Denn die Zahl der tatverdächtigen Kinder in Krefeld in 2023 ist innerhalb eines Jahres von 355 weiter um zwölf Prozent auf 403 gestiegen.
Knapp ein Drittel der Strafunmündigen sind Mädchen
Im jüngsten Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie legte die Fachverwaltung einen detaillierten Bericht vor. Darin erfasst sind die Hauptdelikte, allen voran zahlenmäßig schwerer, räuberischer Einbruch/Diebstahl mit 249 Fällen (davon 108 Jungen/m und 141 Mädchen/w), (fahrlässige) Körperverletzung 119 Fälle (82 m, 37 w) gefährliche und schwere Körperverletzung in 66 Fällen (46 m, 20 w) und Sachbeschädigung in 33 Fällen (22 m, 10 w). Das zeigt, dass bis zu einem Drittel der strafunmündigen Kinder in den Fällen Mädchen sind.
Das ändert sich bei Hauptdelikten wie Beleidigung (18 m, 1 w), Verbreitung/Erwerb/Besitz (kinder-) pornografischer Schriften (14 m, 3 w) sowie Sexualisierter Missbrauch/Nötigung/Vergewaltigung/Belästigung, wo in allen zehn Fällen im Jahr 2023 die jungen Täter männlich waren.
„Die überwiegende Mehrzahl der bei der Polizei auffällig werdenden Kinder und Jugendlichen wird lediglich ein- bis zweimal auffällig; nur ein kleiner Teil mit drei oder mehr Delikten“, lautet die fachliche Einordnung. Gewalttaten, vor allem schwere Körperverletzung und Raub, machten nur einen kleinen Teil der gesamten Kinder- und Jugenddelinquenz aus, so wird der strafrechtliche Normbruch ungeachtet seiner konkreten Verfolgbarkeit bezeichnet. Das Gros der Taten spiele sich meist im Bagatellbereich ab. Schwerwiegende Straftaten durch strafunmündige Kinder seien sehr selten.
Sowohl Gewalterfahrungen in so frühen Jahren in erster Linie für die Betroffenen, letztendlich aber auch für die jungen Täter und Täterinnen seien mit negativen Folgen und einer möglichen Gefährdung der weiteren Entwicklung verbunden. Deshalb sieht die Jugendhilfe einen klaren Handlungsbedarf: „Es geht vor allem darum, frühzeitige sozialpädagogische Hilfen für straffällig gewordene Kinder unter 14 Jahren und deren Eltern anzubieten, als auch die Eltern in ihren erzieherischen Aufgaben zu stärken.“
Damit die Kinder- und Jugendhilfe von den strafauffälligen Jungen und Mädchen erfährt und sie ansprechen kann, benötigen die Jugendämter schnelle, aussagekräftige und qualifizierte Meldungen durch die Polizei. In Krefeld gibt es seit einigen Jahren das sogenannte Polizeimerkblatt beziehungsweise die Akten/Bescheide der Staatsanwaltschaft. Die werden ausgewertet und anschließend pädagogische Maßnahmen eingeleitet. Bei geringfügigen Delikten wie geringer Diebstahl bestehe jedoch kein Handlungsbedarf.
Pädagoginnen entscheiden, welche Hilfe sinnvoll ist
Die Arbeit der Jugendgerichtshilfe/Jugendhilfe im Strafverfahren bei der Stadt wird derzeit durch zwei Teilzeitstellen (insgesamt 55 Stunden) umgesetzt. Die Pädagoginnen befassen sich überwiegend mit den Kindern, die bereits mehrfach Straftaten begangen haben und ein erhöhtes Gefährdungsrisiko aufweisen. Sie prüfen, welche Hilfen notwendig erscheinen. Die reichen von erzieherisch unterstützenden Maßnahmen bis hin zur zwei- bis dreijährigen Teilnahme an der kriminalpräventiven Initiative „Kurve kriegen“. Die ist seit 2021 in Krefeld fest verankert.